Orte der Geborgenheit finden

Innerlich ruhig sind wir, wenn wir uns geborgen fühlen. Auch in Zeiten der Unruhe können wir diesem Zustand nahekommen.

Erinnerungen wiederbeleben

Wir alle erinnern uns an Orte, die für uns mit Wohlbefinden und manch­mal mit einem Gefühl des Geborgen­seins verbunden sind. Als Kinder haben wir uns solche Orte oft selber geschaffen: Wir haben sie drinnen ge­baut, im Zimmer, unter Tischen, in Nischen mit Decken, mit Tüchern, Kuscheltieren, Puppen. Manchmal gab es da sogar etwas zu trinken und ein paar Kekse. Oder wir haben uns draußen unter Bäumen oder Büschen einen Ort gestaltet, an dem wir uns entweder alleine gerne aufgehalten haben oder wo wir uns mit anderen Spielkameraden wohlig fühlen konn­ten. Was wir damals erlebt haben, ist nicht für immer weg und vorbei. Wir können es in unserer Erinnerung wie­derbeleben. Es waren nicht nur Orte. Vielleicht erinnern wir uns auch eine Begegnung, einen liebevollen Blick, an die Umarmung mit einem liebevol­len Menschen, wo wir einfach so sein konnten wie wir sind, mit dem Gefühl, angenommen und geborgen zu sein.

Wie Brust und Herz sich weiten

Diese Menschen und Orte gibt es viel­leicht auch heute. Vielleicht gibt es einen Baum, den Sie gerne aufsuchen, im frischen Frühlingsgrün, in Blüte, mit Früchten oder buntem Herbstlaub. Viel­leicht haben Sie auch eine Lieblings­bank, eine besondere Aussicht, die zum Verweilen einlädt und zu der Sie immer wieder gerne zurückkehren. Wenn Sie in Gedanken im Garten, in einem Park, über Wiesen, im Wald, in den Bergen oder am Meer spazierengehen, können Sie sich vielleicht an einen oder mehrere Orte erinnern, an denen Sie sich rundum wohlgefühlt haben? Wer sich in Gedanken immer wieder mit solchen „Wohlfühlorten“ verbinden kann, wird die Erfahrung machen: Das lässt uns auch in Ansätzen die damit verbunde­nen Gefühle und Körperempfindungen wieder erleben. Und er wird spüren: Es ist wohltuend, sich diese Erinne­rungen immer wieder heranzuholen, gerade auch in stressigen Zeiten. Ver­bunden mit den wohltuenden Gefüh­len und Empfindungen, die sich dann einstellen, fühlen wir uns wohl, werden gelassener und holen manchmal in Ansätzen wieder ein Stück der Freude in die Gegenwart, die mit dem früheren Erleben ebenfalls verbunden war. Unser Brust- und Herzraum kann sich weiten, wir atmen tiefer und kommen etwas zur Ruhe.

 Alles ist vorstellbar

Manchmal ist es hilfreich, wenn wir uns über reale Orte des Wohlbefindens hinaus, uns einen Ort der Geborgen­heit vorstellen, der zwar an reale Erfahrungen angelehnt ist, den wir jedoch mithilfe unseres Denkens und unse­rer Phantasie anders gestalten. Wann immer wir diesen Ort aufsuchen, mit all unserer Zartheit und Verletzlichkeit, können wir uns ganz geborgen fühlen. Ganz geborgen meint: ohne negative Einflüsse wie Krankheit, Leid, Unver­ständnis, fehlende Anerkennung und Wertschätzung usw., die es in der Realität ja immer gibt. Der Ort der Gebor­genheit kann ein ganz eigener Ort wer­den, den es so in der Realität nicht gibt. Da wir in Gedanken zaubern können, ist in Gedanken alles Mögliche vorstell­bar, um sich wirklich geborgen zu füh­len, auch wenn es das in der Realität unseres Alltags so nicht gibt.

Alles, was guttut, ist möglich

Wie kann so ein Ort aussehen? Viel­leicht ist es dort immer angenehm warm und ruhig, mit Zitronenbäumen, ein Lavendelfeld daneben. Vielleicht liegt dieser Ort am Meer und grenzt an Hochgebirge. Vielleicht ist es aber auch ein Baumhaus auf einem anderen Stern, wie beim kleinen Prinzen, oder ein Klangraum, eine Insel aus Wohlge­rüchen ...
Den Ort mag ich vielleicht für mich alleine, weil sonst in meinem Leben kaum Ruhe ist oder ich nie einen ei­genen Raum für mich hatte. Vielleicht mag ich mir aber auch lieber vorstel­len, dass es dort liebevolle, gütige Wesen gibt, Menschen oder Tiere oder Phantasiewesen, die mich verstehen. Wesen, die mir hundertprozentig wohl­gesonnen sind, die mich ermutigen und trösten. Alles was mir gut tut, ist in der Vorstellung möglich. Tiere kön­nen dann wie in den Märchen reden, sie können mich versorgen, verständ­nisvoll und liebevoll sein, mich schüt­zen. Alles andere, was stört oder was ungewünscht ist, kann ich in Gedanken von diesem Ort entfernen. Da in der Re­alität auch die verständnisvollsten Men­schen manchmal unverständig reagie­ren, krank oder verletzend sein können oder sterblich sind, und weil auch Tiere krank werden und sterben, ist es emp­fehlenswert, dass solche „Helferwesen“ am geborgenen Ort, wenn möglich, der Phantasie entspringen. Vielleicht erle­ben Sie diesen Ort als einen Ort, der in Ihrem Inneren geschützt ist. Vielleicht haben Sie aber auch den Wunsch, ihn noch mehr zu schützen, so dass sich Ihr Empfinden von Geborgenheit noch erhöhen kann. Dann können Sie sich Schutzvorstellungen für diesen Ort ma­chen, vielleicht eine Hecke wie im Mär­chen bei Dornröschen um Ihren Ort zie­hen, einen Lichtkreis oder Lichtbann, ein Tarnfließ oder eine unsichtbare At­mosphäre, so dass allein Sie jederzeit kommen und gehen könnten, wann immer Sie wollen, aber nichts Uner­wünschtes an diesem Ort landet.

Erinnerungshilfen

Um den Ort der Geborgenheit im Alltag müheloser heranzuholen, wann immer er Ihnen gut tut, können Sie sich pas­sende Erinnerungshilfen suchen, die mit Ihrem Ort verbunden sind.
Eine Farbe, ein Klang, ein Duft, ein für den Ort passendes Bild, eine Postkar­te oder ein Symbol (Stein, Muschel, Frucht, Pflanze), die an den Ort des Wohlbefindens oder der Geborgenheit erinnern, auf dem Schreibtisch am Küchenschrank, im Geldbeutel greif­bar, oder auch als Bildschirmschoner, Handydisplay.
Auch eine kleine Körperbewegung (ein Atemzug, eine Handhaltung, mit den Zehen wackeln, Fingerschnippsen ...) kann helfen.
Nehmen Sie das Symbol oder die Kör­perhaltung jedes Mal, wenn Sie in Ge­danken bei Ihrem Ort sind, mit dazu. Dann reicht es nach einigem Üben oft schon aus, um in das wunderbare Emp­finden innerer Ruhe zu kommen, wenn Sie das Symbol, die Farbe, das Bild, den Klang wahrnehmen, oder Sie die klei­ne Körperhaltung einnehmen. Die Er­innerungshelfer haben sich auf diese Weise mit Ihrem Ort der Geborgenheit verbunden und unterstützen Ihren Kör­per und Geist auf dem Weg zu innerer Ruhe.
Der Vorteil, wenn Sie immer wieder den gleichen Ort in Gedanken aussu­chen, ist, dass Sie durch dieses „Üben“ Nervenbahnen aufbauen, die wie Mus­keln trainiert werden. Diese schnellen Bahnen ermöglichen dann schließlich, dass Sie in Gedanken schnell an Ihren Ort des Wohlbefindens oder der Gebor­genheit gelangen können.
Wenn Sie also Ihren Ort hunderte Male aufgesucht haben, ist er schneller ver­fügbar und Sie können sich in unruhi­gen Zeiten auch zunehmend schnel­ler das wunderbare Empfinden innerer Ruhe mit Ihrem Ort der Geborgenheit heranholen und genießen. Es tut natür­lich besonders gut, einen wohltuenden Ort und liebevolle Personen real auf­suchen zu können. Doch das ist nicht immer zu verwirklichen. Einen Ort der Geborgenheit in Gedanken können wir aufsuchen, wann immer wir wollen. Er kann uns jederzeit verfügbar sein, wenn wir es möchten.

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