Das Leben Jesu meditieren
Der Name „Rosenkranz“ wird durch eine Legende belegt, die man bereits im 13. Jahrhundert erzählte: Ein Mann hatte die Gewohnheit, eine Marienstatue mit einem Kranz aus Rosen zu schmücken. Eines Tages erscheint ihm Maria und belehrt ihn, es gebe einen „Rosenkranz“, der sie noch mehr erfreuen würde als der Blumenschmuck. Dieser „Rosenkranz“ sei das wiederholende Beten von 50 Ave Maria. Die Gebete würden in der Hand der Gottesmutter zu Rosen und sie sel ber würde daraus einen wunderbaren Rosenkranz flechten. In der Tradition der Kirche symbolisieren die Rosengewächse von alters her die Gottesmutter Maria. Ursprünglich entstand der Rosenkranz in Zisterzienserklöstern. Hintergrund: Viele Laienbrüder konnten die Psalmen in Latein nicht verstehen. So beteten sie dafür jeweils ein Ave Maria. Die Zisterzienser verbanden die Ave Maria auch mit einem „Gesätz“, einem Satz aus dem Leben Jesu. So wurde der Rosenkranz zu einer Meditation des Lebens Jesu. Mit den Augen Marias betrachtete man das Leben Jesu in verschiedener Hinsicht. Es gibt dementsprechend verschiedene Rosenkränze: den freudenreichen Rosenkranz, der von der Empfängnis Jesu über seine Geburt und Kindheit bis zum Wiederfinden des zwölfjährigen Jesus im Tempel reicht; den schmerzreichen, der das Leiden und Sterben Jesu vom Blutschwitzen bis zur Kreuzigung betrachtet, und den glorreichen, der die Auferstehung Jesu, seine Himmelfahrt, Pfingsten, die Aufnahme Mariens in den Himmel und ihre Krönung zur Köni gin umfasst. Ein Gesätz besteht aus einem „Vaterunser“, zehn „Ave Maria“ mit jeweils der Betrachtung eines Geheimnisses und einem „Ehre sei dem Vater“. Im Zentrum steht für die Rosenkranzbeter also die Meditation der wichtigsten Geheimnisse aus dem Leben Jesu.
Verbunden mit anderen Menschen
Es gibt auch eine andere Weise, den Rosenkranz zu beten. Meine Mutter hat sich noch im hohen Alter jeden Tag nach dem Frühstück aufs Sofa gelegt und zwei Rosenkränze für ihre Kinder und Enkelkinder gebetet. Sie betete immer wieder das Ave Maria und das Gesätz dazu und dabei dachte sie an ihre Kinder und Enkelkinder. Indem sie auch an Maria und an Jesu Schicksal denkt, sieht sie mit Augen des Vertrauens und der Hoffnung auf ihre Kinder und Enkelkinder. Wenn ich für einen anderen bete, fallen mir nicht ständig neue Worte ein. Der Rosenkranz ist ein guter Weg, für einen anderen zu beten und im Gebet längere Zeit an ihn zu den und neue Hoffnung für ihn zu bekommen. Das ist mehr als eine fromme Übung, es stärkt und verwandelt auch meine Beziehung zum anderen.
Verbunden mit mir selbst
Noch ein Aspekt ist am Rosenkranz wichtig: Wir beziehen uns auch auf unser eigenes Leben. Wir beten immer wieder die Worte, die der Engel und Elisabeth zu Maria gesprochen haben. Indem wir „Gegrüßt seist Du Maria voll der Gnade“ beten, verinnerlichen wir, dass wir selbst voll der Gnade sind, dass wir gesegnet sind und ein Segen für andere sein dürfen. Und die Antwort auf die Segensworte des Engels und Elisabeths ist: „Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen“. So üben wir uns in ein Sterben ein, in dem wir uns vertrauensvoll in Gottes mütterliche Arme fallen lassen. Wir erfahren uns im Rosenkranz also als Menschen, deren ganzes Leben von Gott gesegnet ist und deren Angst vor dem Sterben sich im Beten auflöst.