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S. 6-7
Yehiel, der Enkel des berühmten chassidischen Rabbi Baruch, kam aufgelöst in die Studierstube seines Großvaters. „Yehiel, Yehiel, warum weinst du?“ „Mein Freund betrügt. Er ist unfair, daher weine ich.“ „Willst du mir das nicht genauer erzählen?“ „Sicher, Großvater. Wir spielten Verstecken. Und ich war an der Reihe, mich zu verbergen. Und er war dran, nach mir zu suchen. Aber ich hatte mich so gut versteckt, dass er mich nicht fi nden konnte. Da hat er aufgegeben. Er hat einfach aufgehört, nach mir zu schauen. Und das ist unfair.“ Rabbi Baruch begann Yehiels Gesicht zu streicheln, und ihm selber traten Tränen in die Augen. „So ist es auch mit Gott, Yehiel!“ fl üsterte er. „Stell dir seinen Schmerz vor. Er ist versteckt, und der Mensch schaut nicht nach ihm. Verstehst du, Yehiel, Gott verbirgt sich, und der Mensch sucht ihn nicht einmal ...“ Von Anselm Grün