Rumi kann Gott an allen Orten, an denen Gott verehrt wird, in der Kaaba, die den Moslems heilig ist, in der Natur, in Gesprächen nicht finden. Erst in seinem Herzen findet er ihn. Diese Erfahrung könnten christliche Mystiker ähnlich beschreiben. Für Evagrius Ponticus, den Mönch aus dem 4. Jahrhundert, ist das Herz der Ort Gottes im Menschen. Augustinus hat eine ähnliche Erfahrung gemacht. Solange er Gott im Äußeren gesucht hat, hat er ihn nicht gefunden. Dann erkannte er: Gott ist mir innerlicher als ich mir selbst bin. Manche Mystiker sprechen vom Grund der Seele, in dem Gott in uns wohnt. Andere beschreiben das Herz als den Ort, an dem Gott in uns wohnt. Das Herz ist zugleich der Ort der Liebe. Im Herzen spüren wir Liebe. Wenn wir unsere Hand auf das Herz legen und die Liebe wahrnehmen, die das Herz wärmt, dann können wir in unserem Herzen Gott selbst als die Liebe erfahren. Aber wir können Gott so wenig wie die Liebe festhalten. Die Liebe strömt und Gott möchte in uns strömen. Mechthild von Magdeburg (1210-1294) spricht Gott so an: O Du fließender Gott in Deiner Minne. Wenn die Liebe in unserem Herzen strömt, erleben wir den fließenden Gott, der Liebe ist.