Den Kopf entlasten
Was tun, wenn Gedanken wie innere Tonbänder ständig ablaufen und alle Ruhe rauben? Ein guter Weg ist, sich auf das zu konzentrieren, was ich gerade tue. Wenn ich spazierengehe, dann bin ich ganz in meinem Gehen. Ich gehe Schritt für Schritt und denke nichts anderes. Oder aber ich bin ganz in meinen Sinnen: Ich schaue mir die Landschaft an, ich höre auf das Rauschen des Windes, auf das Zwitschern der Vögel, ich rieche die Gerüche der Natur. Oder ich konzentriere mich auf meinen Atem. Wenn ich ganz in meinem Leib bin, entmachte ich den Kopf. Manchmal muss ich auch die Gedanken, die immer wieder in mir auftauchen, aus mir hinauswerfen. Ich muss mir sagen: „Stopp! Da denke ich jetzt nicht weiter nach. Damit beschäftige ich mich morgen in der Arbeit. Aber jetzt bin ich hier und genieße das Gehen, das Sitzen, das Anschauen der Landschaft, das Gespräch mit meinem Freund.“ Ein anderer Weg, abzuschalten: Ich lasse alle Gedanken in mir hochkommen. Sie dürfen sein. Aber ich grüble nicht über sie nach. Ich nehme sie wahr und lasse sie weiterziehen. Ich kämpfe nicht gegen diese Gedanken, sondern lasse sie einfach los. Jetzt sind sie nicht so wichtig. Sie ziehen vorüber wie die Wolken am Himmel. Wenn ich alle Gedanken, die in mir auftauchen, so wahrnehme und loslasse, werde ich allmählich innerlich leer.
Leere – Quelle der Kreativität
Viele möchten voller Ideen sein, das Leben gestalten und in die Hand nehmen. Leer werden ist für sie kein Ziel, das sie anstreben. Doch gerade wenn wir innerlich leer werden von den vielen Gedanken, um die wir ständig kreisen, entstehen in uns neue Gedanken. Ich mache oft die Erfahrung: Wenn ich ein Buch oder einen Artikel schreibe, komme ich durch Nachdenken oft nicht weiter. Dann lege ich mich aufs Bett und versuche, einfach nur da zu sein, die Müdigkeit zuzulassen. Auf einmal tauchen in mir neue Gedanken auf und ich weiß wieder, was ich schreiben soll. Die innere Leere ist also eine Quelle von Kreativität. Die Gehirnforscher meinen, wenn das Gehirn Pause macht, regeneriert es sich. Es wird wieder fähig, neue Gedanken zu entwickeln.
Freiwerden für Gottes Liebe
Im Buddhismus ist das Ziel der Meditation – etwa bei der Zen-Meditation – innerlich leer zu werden. Doch die Leere ist nicht kalt, sie ist vielmehr der Ort, an dem mir das Geheimnis Gottes aufgeht. Die christliche Tradition zitiert gerne das Psalmwort: „Lasst ab und erkennt, dass ich Gott bin.“ (Ps 46,11) Wenn ich von allen Gedanken ablasse, werde ich fähig, Gott zu erkennen. Die Mönche sprechen vom „vacare deo = leer werden für Gott, frei werden für Gott“. Vacare kann auch heißen: unbesetzt sein. Nur wenn mein inneres Haus leer ist, kann Gott darin wohnen. Wenn Gedanken das Haus meiner Seele besetzen, hat Gott keinen Raum darin. So ist es ein Ziel des geistlichen Lebens, leer zu werden, um offen zu werden für Gott, der die Leere mit seiner Liebe ausfüllen möchte.