Ein Leben im Dialog
In Wien studiert Br. Steindl-Rast an der Kunstakademie, dann aber auch Völkerkunde und Psychologie. Nach der Promotion in Psychologie zieht er 1952 nach Amerika, wohin seine Familie ausgewandert war, und wird Mönch in einem neu gegründeten Reformkloster – er wollte in ein Kloster, auf dem nicht so viel Tradition lastete wie in Europa. Er engagierte sich in der Friedensbewegung, in der religiösen Erneuerungsbewegung, im interdisziplinären Austausch und im interreligiösen Dialog, vor allem mit Buddhisten und Hinduisten. Dialog geschieht für ihn zwischen Menschen, die verschiedenen Religionen angehören, sich aber auf der Ebene des gemeinschaftlich Menschlichen treffen. Begegnung wird aus der Stille möglich: Immer wieder hat er diese Stille gesucht und zurückgezogen als Einsiedler gelebt, ist aber auch weltweit durch Lehraufträge und Vorträge bekanntgeworden. Das erste Mal habe ich Br. David im Flughafen von Hongkong getroffen und mich sofort gut mit ihm verstanden. Später haben wir auch ein gemeinsames Buch geschrieben: „Das glauben wir. Eine Spiritualität für unsere Zeit“. Als wir gemeinsam in Argentinien waren, um dieses Buch vorzustellen, erlebte ich staunend, wie rüstig Br. David immer noch ist und wie wach er den Menschen begegnet. Im Alter kehrte er zurück in seine österreichische Heimat und lebt jetzt im Europakloster Gut Aich.
Geschenk des Lebens
Der Gedanke, der Br. David sein Leben lang begleitet hat und zum Kern seiner Spiritualität wurde, ist Dankbarkeit. Darüber hat er immer wieder geschrieben und, auch im Internet, eine eigene Bewegung der Dankbarkeit ins Leben gerufen (www. dankbarleben.org). „Einfach leben – dankbar leben. 365 Inspirationen“ heißt auch eines seiner Bücher, aus dem ich die folgenden kurzen Texte zitiere:
„Wenn wir den neuen Tag als Geschenk begrüßen, trägt uns ein Dankbarkeitsgefühl durch die darauf folgenden Stunden. Der Tag ist uns angeboten als etwas, das wir Stunde um Stunde an andere verschenken können.“
„Was uns geschenkt wird, völlig auszuleben – unser Leben, unsere Fähigkeiten, unsere Möglichkeiten –, also wir zu werden: das ist unser Danksagen.“
„Ich selber bin Geschenk, das ich dankbar zurückschenken kann, dadurch dass ich mich verwirkliche. Es geht im Leben um diesen dynamischen Kreislauf einer Liebe, die alles hervorbringt und sich wieder zurückschenkt.“
So wünsche ich Br. David – auch im Blick auf seinen 95. Geburtstag –, dass er uns sein Geschenk des Lebens noch lange zurückschenken kann. Und Ihnen wünsche ich, dass auch Sie sich von seinen Gedanken inspirieren lassen, dass auch Sie voller Dankbarkeit Ihr Leben leben und so zum Segen werden für viele Menschen.