Muße

Griechen und Römer schätzten die Muße hoch. Sie war die Voraussetzung, sich in philosophische Ideen zu vertiefen oder sich der Kontemplation zu widmen. Muße war die freie Zeit, die Gott dem Menschen gab, um über das Geschenk des Lebens nachzudenken. Die christliche Tradition hat die Ideen der griechischen Philosophie mit den Bildern der Bibel verbunden. Da ist einmal das Bild der Sabbatruhe Gottes. Gott ruht am siebten Tag aus. An dieser Sabbatruhe Gottes darf der Mensch teilhaben. Am Sonntag braucht er nicht zu arbeiten, da kann er sich dem Leben widmen. Ein anderes Bild war die Erzählung Jesu von Marta und Maria, den beiden ungleichen Schwestern. Maria hat den Teil der Muße, der Kontemplation, gewählt. Und dieser Teil ist für Jesus der gute Teil. In der Tradition hat man das oft mit „besser“ übersetzt.

Der hl. Benedikt warnt jedoch vor Müßiggang. Muße ist etwas Aktives. Ich genieße die Zeit. Ich widme mich der Lesung, dem Gespräch oder der Meditation. Im Müßiggang weiß ich nicht, was ich tun soll. Er sagt: „Müßiggang ist der Seele Feind.“ (RB 48,1) Einfach herumzuhängen, ohne etwas Sinnvolles zu tun oder ohne die freie Zeit für Lesung oder Meditation zu nutzen, ist für die Seele schädlich. Da verliert die Seele an Spannkraft. Das Sprichwort sagt: „Müßiggang ist aller Laster Anfang.“ Das ist eher moralisch gedacht. Benedikt denkt psychologisch. Der Psyche tut es nicht gut, müßig zu sein. Muße zu pflegen ist eine eigene Kunst. In der Muße genieße ich die freie Zeit. Ich widme mich geistigen Tätigkeiten. Ich lese. Ich denke nach. Ich meditiere. Ich bin ganz im Augenblick. Solche Muße hat etwas Heilendes und Befreiendes. In ihr haben wir teil an der Sabbatruhe Gottes.

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