Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

Charles Lindbergh und Joseph Kennedy, der Vater des späteren US-Präsidenten, hatten einiges gemeinsam: Beide sympathisierten mit dem „Dritten Reich“, beide sprachen sich auch noch nach dem Kriegsbeginn in Europa für eine strikte Neutralität der USA aus und beide hatten Ressentiments gegenüber den Juden. Übertroffen wurde ihr Antisemitismus jedoch durch den Autokönig Henry Ford, der bereits in den 1920er-Jahren eifrig antijüdische Pamphlete verfasst hatte, die als „Der internationale Jude“ auch in Deutschland publiziert wurden.

Seit 1938 produzierte Ford in Berlin Lastwagen für die Wehrmacht. Bei Weitem nicht die einzige US-Firma, die gute Geschäfte in Nazi-Deutschland machte: Einige waren vergleichsweise harmlos wie Coca-Cola mit seiner Ur-Fanta aus Molke, andere erbärmlich, wie Hollywoods Selbstzensur. Furchtbarste Konsequenzen hingegen hatte die Zusammenarbeit von IBM mit der braunen Diktatur. IBM-Maschinen für Lochkarten perfektionierten die Datenerfassung für den Holocaust.

Bei aller berechtigten Kritik darf jedoch nicht vergessen werden, dass die USA schon vor dem offiziellen Kriegseintritt im Dezember 1941 den Gegnern Hitlers zur Seite standen. Mit dem „Lend-Lease Act“ (Leih- und Pachtgesetz) wurde kriegswichtiges Material an Großbritannien „verliehen“, ohne dass sofort bezahlt werden musste. Eine Abkehr von Prinzip der konsequenten Neutralität, die Roosevelt mit dem Kommentar rechtfertigte: „Wenn es bei meinem Nachbarn brennt, dann werde ich ihm selbstverständlich meinen Gartenschlauch leihen.“

Ihr, Euer

Klaus Hillingmeier
Chefredakteur