Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

der Aufruf zur Verteidigung des wahren Glaubens ist älter als die etablierte katholische Kirche. Bereits in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts ermahnt der Bischof von Karthago, Cyprian, den „paradiesischen Garten“ der Kirche von allen unfruchtbaren Bäumen zu säubern und diese „ins Feuer zu werfen“. Was bei dem Heiligen noch als eine Metapher interpretiert werden darf, wird ein Jahrtausend später brutale Realität. 1209 beginnt der Kreuzzug gegen die ketzerischen Albigenser in Südfrankreich mit einem Massaker an der Bevölkerung der Stadt Béziers. Auch wenn die überlieferte Zahl von 20 000 Opfern wohl übertrieben ist, es war ein Massenmord.

Die Gründung der Inquisition fällt in die Zeit der Albigenserkriege. Mit Erfolg drängte diese Institution der Kurie nicht nur Albigenser zurück, sondern auch andere Gruppen wie die Waldenser. Dann erlebte Europa 1378 das große Schisma zwischen Avignon und Rom. Mit zwei Kurien und zwei Päpsten wuchsen die Zweifel an der Einzigartigkeit der katholischen Kirche. Aber einen Kritiker wie Hus konnte man zwar verbrennen, seine Ideen jedoch nicht.

Es wurde einer der brutalsten Konflikte des Spätmittelalters, als sich die Anhänger dieses Reformators 1419 gegen Kaiser und Papst erhoben – eine Explosion aus reformerischen Forderungen und aufkeimendem Nationalismus. Über 15 Jahre wurde in fünf Kreuzzügen gegen die Hussiten gekämpft, bis die kriegsmüden Seiten endlich zu einem Kompromiss fanden. Als 100 Jahre später ein neuer Glaubenskonflikt zwischen Katholiken und Protestanten im Heiligen Römischen Reich drohte, vermied es Rom klugerweise, einen Kreuzzug auszurufen.

Ihr, Euer

Klaus Hillingmeier
Chefredakteur