Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

Als Julius Cäsar 49 v. Chr. den Rubikon überschritt und den Bürgerkrieg begann, existierte die Römische Republik schon fast ein halbes Jahrtausend: 509 v. Chr., so die Überlieferung, hatten die Römer ihren letzten König verjagt. Seither war ihr Gemeinwesen eine res publica, eine öffentliche Sache, nicht die eines einzelnen Herrschers. Die Staatsbürger sahen sich nicht als Untertanen, sondern als freie Menschen – was in den Augen der Römer kein philosophischer Luxus war, sondern die Basis bildete für den Aufstieg zur Weltmacht. »Es ist fast unglaublich, was die Republik erreichte«, schreibt etwa Sallust, »als das Volk die Freiheit errungen hatte, die das Verlangen nach Ruhm so sehr im Herzen jedes Mannes zu entfachen vermag.« Dass ein Politiker es wagen würde, daran zu rütteln, schien schier unvorstellbar.

Auf die Erfolgsformel Freiheit ist heute auch der Westen stolz. Mit unserer freiheitlichen Demokratie haben wir soziale Sicherheit, Fortschritt und Wohlstand erreicht wie keine andere Gesellschaft des Planeten. Ein für alle Welt überzeugendes Modell, dachten viele nach dem Zerfall des Kommunismus – bis der Aufstieg autoritärer Staatslenker und des Islamismus diese Sicherheit nun ins Wanken bringt. Auch daher lohnt ein Blick in die Geschichte: Wenn uns heute in Deutschland nach einigen Jahrzehnten Demokratie unsere Rechte und Freiheiten als etwas Selbstverständliches erscheinen, sollte uns das Ende der jahrhundertealten Römischen Republik ein mahnendes Beispiel sein.

Ihr

Christian Pantle
Chefredakteur