Editorial

Der ferne Glanz höfischer Feste

Kurwîl und Hôhzît — Vergnügen und Fest. Euphorisch preisen die Minnesänger das Turnier. Egal, ob Hochzeit, Karneval oder Krönung. Erst ein Turnier verleiht einem Festtag seinen Glanz und lässt die Erinnerung an die fernen Tage von König Artus aufleben. Ursprünglich Übungsschlachten mit normaler Bewaffnung, erblühen die Turniere zu immer prächtigeren Inszenierungen. Als das Mittelalter zur Neige geht, tragen die Ritter überschwere Turnierrüstungen mit fantasievoller Helmzier von Einhorn bis zum Vogelkäfig.

Es geht um Ehre, Triumph und Tod. Selbst Könige wie Johann von Böhmen oder der Habs­burger Maximilian I. suchen den Ruhm in den Schranken. Und ein unschlagbarer Champion wie der Anglonormanne William Marshal avanciert nach 500 Siegen zum Überhelden.
Wie Stierkämpfe oder Formel-1-Rennen erzeugen die Turniere eine erotische Spannung: Ritter und Edelfrauen amüsieren sich mit dem höfischen Gesellschaftsspiel der Hohen Minne, während gleichzeitig „Hübschlerinnen“ ihre sexuellen Dienstleistungen anbieten.

„Verabscheuungswürdige Feste“ nennt ein Dekret Papst Alexanders III. aus dem Jahr 1179 die Turniere. Die klerikale Kritik am Turnier wird nicht verstummen, und zuweilen droht sogar die schreckliche Strafe der Exkommunikation. Ist es nur die Sorge um das Leben der Ritter, oder erscheinen die Turnier zu weltlich? Nicht die Kirche wird die spektakulären Ritterspiele beenden, sondern der Turniertod König Heinrichs II. von Frankreich im Jahr 1559.

Ihr, Euer

Klaus Hillingmeier
Chefredakteur