Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

historische Vergleiche sind heikel und meist schief – die früheren Gesellschaften, ihre Kommunikationsmittel und Werte unterscheiden sich einfach zu stark von denen der heutigen Zeit. Man sollte daher in der Regel die Finger davon lassen. Doch hier sind die Parallelen so frappierend, dass Sie es mir bitte nachsehen, wenn ich nicht widerstehen kann, solch einen Vergleich doch zu ziehen: zwischen Roms Niederlage in Germanien und dem verlorenen Vietnamkrieg der USA sowie dem Debakel der Sowjetunion und des Westens in Afghanistan.

In allen Fällen schickt eine Weltmacht ihre Soldaten in ein Land, das wirtschaftlich und technologisch rückständig ist. Und muss erstaunt feststellen, dass die Einheimischen die fortschrittlichere Zivilisation keineswegs freudig begrüßen. Stattdessen stoßen die ausgesandten Truppen trotz ihrer überlegenen Bewaffnung auf so viel Widerstand, dass sich ein schmutziger Krieg ohne Aussicht auf ein erfolgreiches Ende entwickelt. Doch die Regierung will nicht eingestehen, dass die Verluste umsonst waren. Und so schleppt sich der Krieg noch viele Jahre hin, bis ihn ein neuer Regierungschef – in Rom 16 n. Chr. Kaiser Tiberius – endlich beendet.

Anscheinend gibt es tatsächlich so etwas wie eine universale Abneigung der Menschen gegen Fremdherrschaft, die sich über die verschiedenen Epochen und Kulturen hinweg beobachten lässt – und die bisweilen sogar stärker ist als selbst das stärkste Militär der Welt.

Ihr

Dr. Christian Pantle
Chefredakteur