Es ist ein Schock für die ganze Christenheit: Konstantinopel ist gefallen! Verbissen haben die Byzantiner die Stadt verteidigt, doch die Übermacht der Türken war erdrückend. Wo Hunnen, Perser, Araber und Bulgaren gescheitert waren, haben die Türken 1453 triumphiert. Jetzt schmückt sich der osmanische Sultan Mehmed II. mit dem Beinamen „Vater der Eroberung“. Die Hagia Sophia wird in eine Moschee umgewandelt, und die baufällige Apostelkirche mit dem Grab Konstantins des Großen lässt der türkische Herrscher abreißen, um an ihrer Stelle seine Siegesmoschee zu errichten.
Als Rom im Strudel der Völkerwanderung unterging, lebte der Geist der Antike in Konstantinopel nicht nur fort, sondern wurde durch den christlichen Glauben neu beseelt. Aus dieser byzantinischen Synthese erblühten Basiliken, Ikonen, Mosaike sowie Kirchengesang und Klosterleben – eine Kultur der tiefen Spiritualität, die bis ins ferne Russland strahlen wird.
Seit 2020 ist die Hagia Sophia erneut eine Moschee. Während der Westen eher lau auf die Provokation des Präsidenten Erdoğan reagiert, geht ein Aufschrei durch die orthodoxe Welt. Für die Gläubigen von Athen bis Moskau wird der kühne Kuppelbau immer Justinians Kirche der göttlichen Weisheit bleiben. Ein Vermächtnis des ersten christlichen Imperiums.
Ihr, Euer
Dr. Klaus Hillingmeier
Chefredakteur