Editorial

Warum gerade diese Stadt? Es ist wie mit Bestsellern. Im Rückblick lässt sich immer erklären, warum dieses Buch so erfolgreich war und jenes nicht. Meist spielen viele Faktoren hinein. Und wenn’s mal läuft, dann läuft es. Dann entsteht eine Eigendynamik. Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Aufstieg Roms. Warum diese Stadt? Das fragten wir uns bei der Arbeit an diesem Heft öfter. Schließlich hätte es andere Kandidaten gegeben.

Als Gemeinschaft von Ausgestoßenen beschreiben die Römer rückblickend ihren Urzustand. Da ist interessant, wie schnell diese vermeintlichen Outlaws dazu übergingen, Bündnisse zu schmieden. Wie sie aus Bündnispartnern Vasallen machten. Dass andere Stämme ebenfalls nach der Macht griffen, war nur praktisch. So gab es stetig Druck von außen, der Verteidigung erforderte. Das stabilisierte im Inneren, wo die Patrizier ihre Pfründe wahren mussten.

Kommt Ihnen das bekannt vor? Nicht ohne Grund fällt im Interview mit dem Althistoriker Martin Jehne (im Heft ab Seite 62) der Name Putin. Doch was für Rom in gebleichtem Marmor weit weg erscheint, das rückt uns in den zerbombten Städten der Ukraine unmittelbar nah. Die Nachrichten von heute erinnern uns daran, dass auch das, was wir aus historischem Abstand ganz in Ruhe betrachten können, einst menschliche Schicksale gewesen sind.

Ihre

Dr. Christiane Schlüter
Redakteurin