Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Zeit der Cowboys währte gerade mal 20 Jahre. Erst nach Ende des Amerikanischen Bürgerkriegs 1865 begannen die großen Viehtriebe, und schon Mitte der 1880er-Jahre endeten sie wieder: Massenhaft produzierte Stacheldrahtzäune versperrten nun den Weg, die effektivere Eisenbahn übernahm den Transport. Trotzdem symbolisiert der Cowboy den „American Way of Life“ wie kaum etwas anderes. „Der Mann auf dem Pferd steht nicht nur für den Traum von Freiheit und die Illusion von Abenteuer, sondern zugleich für eine besondere Männlichkeit“, schreibt der Historiker Alexander Emmerich im Heft ab Seite 60. Allein im Sattel, um ihn die leere Wildnis, wird der unbeirrbare Cowboy zum Archetyp des Eroberers.

Mit der schmutzigen Realität hat das natürlich nicht viel zu tun, wie unser versierter Autor Frederik Seeler anschaulich ab Seite 48 beschreibt. Doch diese Dissonanz scheint nur wenige Westernfilm-Betrachter zu stören, und ich muss gestehen: Auch mich ziehen die Bilder von den schier unendlichen Weiten zu sehr in den Bann, als dass ich mir von Fakten die Fantasie verderben lassen will, wie es wohl ist, die Grenzen der Zivilisation hinter sich zu lassen.

Grenzüberschreitungen anderer Art widmet sich unsere neue Serie „Gefährliche Liebschaften“. Wir stellen Ihnen riskante, oftmals fatale Liebesbeziehungen vor, bei denen die Beteiligten die Grenzen der Vernunft hinter sich lassen – auch irrationale Gefühle können Geschichte schreiben. Den Beginn macht auf Seite 68 der Klassiker einer verhängnisvollen Affäre schlechthin.

Ihr

Dr. Christian Pantle
Chefredakteur