Liebe Leserin, lieber Leser,
eine Welt ohne sie? Undenkbar. So lauteten die ersten Reaktionen nach dem Tod Königin Elisabeths II. im September. Irgendwie war sie immer da, die meisten von uns sind mit ihr aufgewachsen und kennen keine andere Königin Großbritanniens. Ähnlich muss es den Menschen vor 122 Jahren ergangen sein, als Elisabeths Ururgroßmutter Victoria nach 63-jähriger Regierungszeit starb. Beide Frauen prägten eine Epoche, waren mit ausländischen Prinzen verheiratet und mussten sich in einer von Männern dominierten Welt durchsetzen. Aber es gibt auch Unterschiede der zwei Jahrhundert-Queens, wie unsere Autorin Eva-Maria Bast ab Seite 10 im Heft eindrücklich herausarbeitet.
Das Viktorianische Zeitalter gilt als zutiefst prüde. Doch die Frau, die dieser Ära ihren Namen gab, war ganz anders, als wir denken. Victorias freizügige Tagebücher vermitteln uns einen guten Eindruck, wie sinnlich sie tatsächlich war. Die Folgen reichen bis in die Gegenwart, denn Victorias Vermächtnis sind ihre zahlreichen Nachkommen. Noch heute sitzen viele von ihnen auf den Thronen Europas (siehe Stammbaum Seite 70/71 im Heft).
Das Ideal der royalen Vorbildfamilie stammt aus Victorias Zeit. Vor allem ihr Mann Albert verstand es, mithilfe von Fotos das bürgerliche Familienglück zu inszenieren. Ein Maßstab, der bis heute gilt. Dem werden die Mitglieder des britischen Königshauses nicht immer gerecht, wie wir bei der jüngsten Aufregung um Prinz Harry alle mitverfolgen können. Spannungen, Streit, Zerwürfnisse – dass es auch in der perfekt scheinenden Glitzerwelt der Monarchie nicht anders zugeht als in herkömmlichen Familien, ist fast schon herrlich beruhigend.
Ihre
Sonja Nowack
Redakteurin