„Eine Messe lesen lassen“, „eine Messe bestellen“ oder „eine Messe bezahlen“ – so nennt der Volksmund etwas missverständlich und nicht unproblematisch den katholischen Brauch, die Eucharistie in einem bestimmten Gebetsanliegen zu feiern. Die Bitte um ein besonderes Gedenken bei der Eucharistiefeier in einem bestimmten Anliegen, eine „Intention“, wird dabei mit einer Geldspende, dem sogenannten „Messstipendium“, verbunden.
Zwei Stränge eines uralten Brauchtums sind hier miteinander verknüpft und stehen am Anfang der bis heute üblichen Praxis: Bereits in der Alten Kirche war es üblich, dass die Gläubigen zur Eucharistiefeier Gaben mitbrachten. Sofern diese nicht für die Feier selbst gebraucht wurden, nämlich Brot und Wein, verwendete man sie für die Armen und Bedürftigen, aber auch für den Unterhalt der Priester. Daraus entwickelte sich der Opfergang, bei dem der Zusammenhang von Eucharistie und Diakonie, von Gottesdienst und Menschendienst anschaulich zum Ausdruck kommt. Die Gläubigen, die ihre Gabe bringen, nehmen dadurch auf eine besondere Weise an der Eucharistie teil und lassen sich so hineinnehmen in das, was in dieser Feier geschieht, in die Hingabe Jesu am Kreuz, in das österliche Geheimnis ihres Herrn, den Durchgang vom Tod in das neue Leben.
Der zweite Strang, der sich mit der Messintention verbindet, ist die Eucharistiefeier für die Verstorbenen: Die Gläubigen gedenken ihrer Toten und vertrauen ihre Heimgegangenen dem Herrn an, der selbst den Tod überwunden und uns das Tor zur ewigen Herrlichkeit geöffnet hat. Sie hoffen, dass er ihr unvollkommenes Leben annimmt und vollendet. Die Eucharistiefeier ist ja Gedächtnisfeier des Todes und der Auferstehung Jesu Christi und Vorwegnahme des Gastmahls des ewigen Lebens. In ihr wird das Opfer Christi am Kreuz gegenwärtig, dessen Frucht den Verstorbenen zuteil werden möge. Die über den Tod hinausreichende Gemeinschaft mit dem gekreuzigten und auferstandenen Herrn verbindet Lebende und Verstorbene.
Gebetsanliegen und Geldgabe – Intention und Stipendium
Die Geldspende, die mit der Bitte um ein Gebetsanliegen oder um ein Verstorbenengedenken verbunden ist, könnte man als „Fürbittgabe“ bezeichnen. Die Gabe ist Ausdruck einer intensiven Mitfeier des Gottesdienstes, der Sorge für die Ermöglichung der Messfeier und für das Leben der Gemeinde. Darum sollen die Gläubigen, die ein Stipendium geben, wenn möglich, an der Eucharistiefeier teilnehmen, bei der ihres Anliegens gedacht wird. Darüber hinaus hat die Gabe zeichenhafte Bedeutung: Wer sich von der Eucharistiefeier von Gott beschenkt weiß und beschenken lässt, der weiß sich auch selbst verpflichtet zur Gesinnung der Hingabe in der Nachfolge Christi. So ist die dargereichte Gabe bei der Messfeier ein Zeichen der Selbsthingabe, wie es in einem Gabengebet heißt: „Herr, unser Gott, wir legen die Gaben als Zeichen unserer Hingabe auf deinen Altar. Nimm sie entgegen und mache sie zum Sakrament unserer Erlösung“ (Messbuch, S. 212).
Das Gebet für die Verstorbenen bringt zum Ausdruck, dass wir ihnen ein treues Andenken bewahren und uns mit ihnen über den Tod hinaus verbunden wissen. Welcher Ort wäre hier besser geeignet als die Eucharistiefeier, bei der sich die Gemeinde mit den Verstorbenen um den Tisch des Herrn vereint weiß? Die Gemeinschaft der Getauften, Lebende wie Verstorbene, wird deshalb in den Bitten des Eucharistischen Hochgebetes (Interzessionen) ins Wort gebracht. Das Totengedenken kann bei einer ausdrücklichen Messfeier für einen Verstorbenen, etwa bei einem Requiem, auch mit Namen im Hochgebet geschehen. Ansonsten geschieht es allgemein: „Erbarme dich unserer verstorbenen Brüder und Schwestern und aller, die in deiner Gnade aus dieser Welt geschieden sind. Nimm sie auf in deine Herrlichkeit. Und mit ihnen lass auch uns, wie du verheißen hast, zu Tische sitzen in deinem Reich“ (Hochgebet III, Messbuch, S. 499).
Der Apostel Paulus verwendet für die christliche Gemeinde das schöne Bild vom „Leib Christi mit vielen Gliedern“ (1 Kor 12,12-27; Röm 12,4 f.). Alle sind aufeinander angewiesen, stehen füreinander ein in Freud und Leid, freuen sich mit den Fröhlichen und weinen mit den Weinenden (Röm 12,15). Diese Gemeinschaft untereinander sowie der Lebenden und der Toten soll besonders in der Eucharistiefeier spürbar und erfahrbar werden. Programmatisch heißt es im ersten Korintherbrief: „Ist das Brot, das wir brechen, nicht Teilhabe am Leib Christi? Ein Brot ist es. Darum sind wir viele ein Leib; denn wir alle haben teil an dem einen Brot“ (1 Kor 10,16 f.).
Applikationspflicht des Pfarrers für die ihm anvertraute Gemeinde
Festzuhalten ist freilich, dass die Eucharistie immer mit der versammelten Gemeinde und für diese gefeiert wird. Dabei wird stets für alle Lebenden und Verstorbenen gebetet. Aus diesem Grund darf für den Hauptgottesdienst an Sonntagen und gebotenen Feiertagen („Pfarrgottesdienst“) kein Messstipendium angenommen werden. Der Pfarrer hat die Messe für die ihm anvertraute Gemeinde zu feiern und muss der sogenannten Applikationspfl icht nachkommen (Missa pro populo – für die Pfarrgemeinde): „Der Pfarrer ist (…) verpflichtet, an allen Sonntagen und in seiner Diözese gebotenen Feiertagen eine Messe für das ihm anvertraute Volk zu applizieren“ (c. 534 § 1 CIC/1983). Gerade die sonntägliche Versammlung zur Eucharistie soll nicht von partikularen Anliegen und Anlässen bestimmt oder gar überlagert sein, sondern als Feier der gesamten Gemeinde zum Ausdruck kommen.
An Sonn- und Feiertagen darf der Pfarrer für den Hauptgottesdienst kein Stipendium annehmen. Auch alle weiteren Sonntagsmessen sollten von Privatintentionen freigehalten werden: „Wenn die Größe einer Pfarrei am Sonntag neben dem Pfarrgottesdienst weitere öffentliche Messfeiern notwendig macht, sollte für diese gleichfalls kein Stipendium genommen werden, damit sie als Feier der versammelten Gemeinde (nicht der bestellenden Familie) in Erscheinung treten“, schreibt Rupert Berger im Pastoralliturgischen Handlexikon (Art. „Applikation“). Dies ist keine kirchenrechtliche Vorschrift, sondern eine Empfehlung. Priestermangel, Pfarrverbände und Seelsorgeräume bringen jedoch neue Sachzwänge mit sich, sodass der Pfarrer, der mehrere Pfarreien zu betreuen hat, nur einmal zur Applikation für die Pfarrgemeinde verpflichtet ist (c. 534 § 2 CIC/1983).
Das Messstipendium wurde seit ältester Zeit für den Unterhalt der Priester, für die Bedürfnisse der Kirche oder für die Armen verwendet. Es ist ernst zu nehmen, dass auch heute noch in vielen Ländern die Priester auf diese Geldspende angewiesen sind und von den Gaben ihrer Gemeinde leben. Weil jeder Anschein von Geschäftemacherei vermieden werden muss, ist dieser Bereich im Kirchenrecht sorgfältig geregelt (cc. 945-958 CIC/1983): So ist die Höhe des Stipendiums (von der Bischofskonferenz bzw. Kirchenprovinz) festgelegt und darf in den Gemeinden nicht eigenmächtig verändert werden. Pro Messe darf nur ein Stipendium angenommen werden, weitere müssen mit den entsprechenden Gebetsanliegen weitergegeben werden an Priester, die für ihren Unterhalt auf Stipendien angewiesen sind. Häufig geschieht das, indem man sie Priestern in der sogenannten Dritten Welt übermittelt. Dafür gedenken sie bei einer Messfeier in besonderer Weise des Anliegens des Gebers: ein schönes Zeichen geschwisterlichen Gebens und Nehmens in der Weltkirche. Hier wird der Zusammenhang von Liturgie und Diakonie deutlich.
Selbstverständlich kann auch um das Gebet der Gottesdienstgemeinde für ein bestimmtes Anliegen gebeten werden, ohne dies an eine Geldspende zu koppeln (vgl. c. 945 § 2 CIC/1983). Jedes Gemeindemitglied kann die Gemeinde um ihr Gebet in einem bestimmten Anliegen, etwa für einen Lebenden oder Toten, bitten, das in den Fürbitten zur Sprache gebracht wird. Kein Priester ist verpflichtet, Stipendien anzunehmen. Eine „Fürbittgabe“ kann entsprechend pfarrlicher Regelung einem bestimmten Zweck (Mission, Caritas) zugeführt werden.
Angemessener Sprachgebrauch
Um Missverständnisse auszuschließen, sollte im Zusammenhang mit Messintentionen und Messstipendien auf korrekten Sprachgebrauch, aber auch auf einen sachgerechten Umgang geachtet werden:
- Man kann nicht „eine Messe bezahlen“, „eine Messe bestellen“ oder „eine Messe lesen lassen“. Man bittet um „ein (besonderes) Gedenken für … bei der Eucharistiefeier“ und verbindet damit eine Gabe.
- Bei der Ankündigung in der Gottesdienstordnung oder im Pfarrblatt soll es nicht heißen „Messfeier für N. (und N.)“, sondern besser: „Messfeier mit (besonderem) Gedenken an N. (und N.)“. Keinesfalls ist es angemessen, eine sonntägliche Eucharistiefeier der Gemeinde als „Messfeier für N. (und N.)“ zu bezeichnen.
- Die laute Nennung von Namen im Eucharistischen Hochgebet ist nur vorgesehen bei Messfeiern, bei denen das Formular für Verstorbene verwendet wird, also vor allem bei Begräbnismessen oder beim Jahresgedächtnis (mit eigenem Formular). Intentionen sollen nicht in das Hochgebet integriert, sondern gegen Ende des Allgemeinen Gebetes (Fürbitten) vorgetragen werden.
- Der sachgemäße Ort für das Gedächtnis der Verstorbenen sind die Fürbitten (Formulierungsbeispiele finden Sie in diesem Beitrag), sofern die Zahl der Namen nicht auch hier den Rahmen sprengt. Wenn dies zutrifft, sollte in den Fürbitten allgemein der Verstorbenen gedacht werden, etwa mit den Worten „Wir beten in den Anliegen, für die um ein (besonderes) Gedenken bei dieser Eucharistiefeier gebeten wurde“. Eine kurze Zeit der Stille sollte folgen. Die einzelnen Anliegen werden dann in der (wöchentlichen) Gottesdienstordnung, auf der Homepage und/ oder im Pfarrblatt angeführt.
- Wünscht ein Gläubiger, dass das Gebetsanliegen nicht namentlich oder konkret benannt wird, so kann es allgemein geschehen: „in einem besonderen Anliegen“; der Bezeichnung „Arme Seelen“ ist der Ausdruck „Gedenken an alle Verstorbenen“ vorzuziehen.
- Eine Messintention mit oder ohne Messstipendium darf nur für die Feier der Heiligen Messe angenommen werden, nicht jedoch für eine Wort-Gottes-Feier. Gebetsanliegen und Totengedenken können und sollen natürlich auch in einer Wort-Gottes- Feier in den Fürbitten aufgegriffen werden. Eine Geldgabe ist dafür nicht vorgesehen. Wird dennoch eine freiwillige Spende gegeben, so wird sie für (soziale) Aufgaben der Pfarrgemeinde verwendet.
In diesem Beitrag findet sich eine Textvorlage für den Pfarrbrief, die dabei helfen kann, das schwierige Thema der Gemeinde zu vermitteln.