Wunder der SchöpfungModelltexte für einen Flurumgang

Eine Prozession zieht an Futterwiesen vorbei
Der Brauch der Bittgänge ist häufig in ländlichen Regionen erhalten geblieben und teilweise sogar wieder neu belebt worden.© 2015 KNA, www.kna-bild.de – Nutzungsrechte vorbehalten

Der im Bistum Lyon entstandene Brauch, die drei Tage vor Christi Himmelfahrt als Bitttage (lat. rogationes) zur Erhaltung der agrarischen Lebensgrundlage der Menschen zu begehen, wurde um das Jahr 800 in Rom übernommen. Die Kalenderreform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil behielt ihn und seine agrarische Grundlage bei: Es soll um die vielfältigen Anliegen der Menschen, „besonders für die Früchte der Erde und für das menschliche Schaffen“ gebetet werden, aber auch ein öffentlicher Dank ist möglich (vgl. Grundordnung des Kirchenjahres, Art. 45-47). Der Messfeier kann eine Prozession durch Wald oder Flur folgen (Bittprozession/-gang, Flurprozession oder Flurumgang). Zur Gestaltung bieten sich die folgenden Elemente an:

  • Einführung:
    Leiter/in:
    „Der uns die Früchte der Erde geben, segnen und erhalten wolle“: Dieser Ruf schallt besonders in den Tagen um Christi Himmelfahrt wieder durch viele Gegenden. Es ist die Zeit der Flurumgänge (und Bitttage). Jedes Jahr machen wir uns wieder auf, ziehen durch Wald und Flur und bitten Gott um seinen Segen. Besonders das vergangene Jahr mit seiner langen Trockenperiode hat uns deutlich gemacht, wie wenig wir Menschen das Wetter beeinflussen können. Und es hat uns gezeigt, wie sehr wir unter Wetterkapriolen leiden: sei es Dürre, Hochwasser und Orkan oder Schnee. Bei so vielem sind wir einfach machtlos.
    Umso wichtiger ist es, dass wir zusammenkommen, um für eine gute Ernte zu beten. Dass wir Gott bitten, er möge die Früchte der Erde und unsere menschliche Arbeit segnen. Wo wir Menschen nichts mehr vermögen, da dürfen wir uns Gottes Güte und seiner heilbringenden Nähe anvertrauen.

Gebete auf dem Weg

  • Rosenkranzgesätze:
  • Bittlitanei:
    Kantor/in
    / Alle: Herr, erbarme dich.
    K / A: Christus, erbarme dich.
    K / A: Herr, erbarme dich.

K: Christus, höre uns. – A: Christus, erhöre uns.
K: Gott Vater im Himmel. – A: Erbarme dich unser.
K: Gott Sohn, Erlöser der Welt. – ...
K: Gott, Heiliger Geist.
K: Heilige Dreifaltigkeit, ein Einiger Gott.

K: Um die Gaben der Schöpfung. – A: Bitten wir dich.
K: Um ausreichend Regen. – ...
K: Um Sonnenschein und Wärme.
K: Um Schutz vor allen Gefahren.
K: Um Segen für die Ernte.
K: Um deine Nähe für alle, die in der Landwirtschaft tätig sind.
K: Um eine gerechte Verteilung der Güter.
K: Um Segen für unsere Arbeit.
K: Um Gesundheit und Wohlergehen.
K: Um den Schutz der Umwelt.
K: Um die Fruchtbarkeit der Erde.

K: Vor Unwetter und Katastrophen. – A: Bewahre uns.
K: Vor Verkehrsunfällen. – ...
K: Vor allem Unglück und aller Gefahr.
K: Vor Feuer und Hochwasser.
K: Vor Dürre und Unfruchtbarkeit.
K: Vor aller Hoffnungslosigkeit.
K: Vor Arbeitslosigkeit.
K: Vor Krieg und Terror.
K: Vor Hass, Neid und Missgunst.
K: Vor Krankheit und Schmerzen.
K: Vor einem plötzlichen Tod.

K: In allen unseren Anliegen. – A: Rufen wir zu dir.
K: In unseren Sorgen und Nöten. – ...
K: Wenn wir einsam und verlassen sind.
K: Wenn wir nicht mehr weiterwissen.
K: Wenn Trauer unser Herz bedrückt.
K: Wenn wir Lieblosigkeiten erfahren.
K: Wenn wir alle Perspektiven verloren haben.
K: Wenn wir uns vor Gewalt ängstigen.
K: Wenn uns Schicksalsschläge treffen.
K: Wenn wir Freude erfahren.
K: Wenn wir uns mit Menschen versöhnen.
K: Wenn wir Frieden stiften.
K: Wenn wir uns der Armen in ihrer Not erbarmen.
K: Wenn wir Obdachlose bei uns aufnehmen.
K: Wenn unsere menschliche Kraft versagt.

L: Lasset uns beten. – Allmächtiger, ewiger Gott, mit den Anliegen unserer Zeit kommen wir vor dich und bitten um deine Nähe. Sei du an unserer Seite, begleite uns auf unseren Lebenswegen und führe uns einst zur himmlischen Herrlichkeit. Darum bitten wir dich durch Christus im Heiligen Geist, in alle Ewigkeit.
A: Amen.

  • Lobpreis:
    Kehrvers:
    Vom Aufgang der Sonne (GL 415 / KG 676)
    L: Gelobt sei Gott, der Vater, er hat sein Volk aus Ägypten befreit, durch die Wüste ins Gelobte Land geführt; er hat mit den Menschen seinen Bund geschlossen und ihnen seinen Namen offenbart: Ich bin der, der für euch da ist.
    A: Vom Aufgang ...
    L: Gelobt sei Gott, der Sohn, er hat sich der Menschen erbarmt, sich ihrer Schwachheit angenommen; Sündern hat er vergeben, Kranke geheilt; dadurch hat er die Menschen spüren lassen: Gott ist für euch da.
    A: Vom Aufgang ...
    L: Gelobt sei Gott, der Heilige Geist, er ist auf die Jünger herabgekommen; er hat ihr Herz entzündet und sie befähigt, in aller Welt das Evangelium zu verkünden; er ist die Zusage an uns: Gott ist mit uns – bis zum Ende der Welt.
    A: Vom Aufgang ...
  • Impulse für eine Betrachtung über das Lied „Wenn ich, o Schöpfer, deine Macht“ (GL 463):
    • Das „Wunder der Schöpfung“ nehmen wir oftmals nur am Rande wahr. Wir meinen, unsere Lebenswelt zu kennen. Wir wissen, wie sich die Natur mit dem Lauf der Jahreszeiten verwandelt. Und meistens ist vieles selbstverständlich: Schnee und Eis im Winter, Hitze im Sommer, buntes Laub im Herbst und die hervorbrechenden Blüten des Frühlings.
    • Doch der Klimawandel scheint sich auch bei uns einzustellen. Manchmal ist beim Wetter nichts mehr so, wie wir es eigentlich gewohnt sind: lange Hitzeperioden, sehr strenge Winter, Ernteausfälle und sinkende Wasserpegel in den Flüssen. Die Schöpfung wandelt sich. Nicht immer zum Guten, und inwieweit wir Menschen dies aufhalten können, ist die viel diskutierte Frage.
    • Einen neuen Blick auf das „Wunder der Schöpfung“ zu erhalten, ist deshalb gar nicht so schlecht. Es lohnt sich, wieder die Schönheit der Natur zu erfahren und zu sehen, dass die Welt voller Leben ist. Dazu lädt auch das Lied im „Gotteslob“ ein. Der Text stammt von Christian Fürchtegott Gellert, er hat ihn in der Mitte des 18. Jahrhunderts verfasst.
    • Im Zentrum des Liedes stehen der Schöpfer und seine Schöpfung. „Mein Auge sieht, wohin es blickt, die Wunder deiner Werke“, heißt es in der zweiten Strophe. Und im Folgenden werden einige dieser Schöpfungswerke ganz konkret benannt: Sonne und Sterne, Wind und Wolken, Sonnenschein und Sturm, der Mensch. All dies sind ganz alltägliche Dinge, denen wir im Leben immer wieder begegnen. Doch sie alle sind nicht Menschenwerk. Wir Menschen haben diese Erde, die wir bewohnen, nicht selbst gemacht. Sie ist uns geschenkt. Gott hat sie uns anvertraut, dass wir sie bevölkern und beleben – und dass wir uns um sie sorgen.
    • Das „Wunder der Schöpfung“ steht nicht für sich isoliert. Es weist uns bleibend auf den hin, der die Schöpfung gemacht und das Leben ins Dasein gerufen hat. Alles, was wir hier auf der Erde sehen und erfahren, zeugt von Gottes Größe und Macht. Die Schöpfung selbst ist deshalb als ein einziger Hinweis auf den Schöpfer zu verstehen. So heißt es denn auch in der fünften Liedstrophe: „Der Mensch, der Schöpfung Ruhm und Preis, ist sich ein täglicher Beweis von deiner Güt und Größe“. Blicken wir in die Schöpfung, können wir also etwas vom Schöpfer erfahren.
    • Mit unseren Flurumgängen bitten wir nicht nur um den Segen für die diesjährige Ernte. Wenn wir betend und singend durch Wald und Wiesen ziehen, ehren wir auch die Schöpfung. Wir nehmen die Dinge in den Blick, die sonst für uns so selbstverständlich sind. Wir singen vom Sonnenschein und vom Sturm, vom Ausbringen der Saat und vom Einbringen der Ernte. Dadurch preisen wir den Schöpfer und loben ihn für seine Größe und Güte, die sich uns in der Schöpfung offenbart. Das Lied „Wenn ich, o Schöpfer, deine Macht“ lädt uns dazu in besonderer Weise ein. Und so mündet der Text von Gellert schließlich auch in den Lobpreis des dreifaltigen Gottes: „Erheb ihn ewig, o mein Geist, erhebe seinen Namen; Gott unser Vater sei gepreist, und alle Welt sag Amen“.
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