Es ist zwar allgemein bekannt, wenngleich bis vor wenigen
Monaten tabuisiert, dass in den offenen Weihwasserbecken
an Kircheneingängen häufig auch Krankheitserreger leben
können. Besonders Weihwasserbecken, in denen vor, nach und
zwischen den Gottesdiensten zahlreiche ungewaschene Hände eingetaucht
werden und mit den so befeuchteten Fingern das große
Kreuzzeichen gemacht wird (mancherorts werden neben der Stirn
auch die Lippen mit je einem kleinen Kreuzzeichen bezeichnet),
bieten Mikroorganismen ideale Bedingungen, denn oftmals wurde
das gesegnete Wasser längere Zeit nicht ausgetauscht. Ob der
Kontakt mit Weihwasser aber tatsächlich krank machen kann, ist
noch kaum untersucht. Jedenfalls fanden sich weltweit bereits seit
Februar 2020 in den ersten kirchlichen Hygienemaßnahmen im
Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie die zumeist sogar
verpflichtenden Anordnungen, dass die Weihwasserbecken leer
bleiben mussten. Erst zum 20. Juni 2020 hat die Österreichische
Bischofskonferenz in der aktualisierten Rahmenordnung zur Feier
öffentlicher Gottesdienste Folgendes bestimmt: „Wenn die Weihwasserbecken
gefüllt werden, muss das Wasser häufig (zumindest
2x pro Woche) gewechselt und das Becken jedes Mal gründlich gereinigt
werden. Das Besprengen von Personen und Gegenständen
mit frischem Weihwasser ist unbedenklich.“
Gesegnetes Wasser im religiösen Bereich
Weihwasser spielt in vielen Kirchen seit dem Altertum eine große
Rolle. Der in der Antike verbreitete Brauch, Wasser zu religiöser
Reinigung und Entsühnung zu verwenden, hatte seit dem 4. Jahrhundert
auch Einfluss auf die christlichen Gemeinden. Im 8. Jahrhundert
entwickelte sich eine sonntägliche Wasserweihe in der
Kirche mit anschließender Aussprengung (Asperges), wobei hier
dem neuen Motiv des Taufgedächtnisses eine wichtige Rolle zukam.
Mit der Ausnahme des Taufwassers der Osternacht ist je nach Ortsgewohnheit
weiterhin vorgesehen, dem Wasser gesegnetes Salz beizufügen
(vgl. Benediktionale 1981, S. 47, 198; MB, S. 1173/1209). In
katholischen Kirchengebäuden (und vielen Kapellen) gibt es in der
Regel Weihwasserbecken, um beim Eintritt und Verlassen mit dem
gesegneten Wasser als Zeichen des Taufgedächtnisses ein Kreuzzeichen
zu machen. Priester segnen Gläubige (z. B. beim Sonntäglichen
Taufgedächtnis) oder (Andachts-)Gegenstände (Kreuze,
Rosenkränze etc.) oder auch Lebensmittel (z. B. bei der Speisesegnung
an Ostern oder der „Fleischweihe“ am Karsamstag in vielen
Gegenden Österreichs) durch das Besprengen mit Weihwasser und
begleitenden Segensgebeten.
Krankmachende Keime im Weihwasser
Drei verschiedene Forscherteams fanden zwischen 2002 und 2017
heraus, als sie Weihwasserproben aus 30 katholischen Kirchen in
Deutschland, Österreich und Spanien (16 Kirchen und zwei Spitalskapellen
aus Wien, fünf Kirchen aus Villingen-Schwenningen
in Baden-Württemberg und sieben Kirchen aus Sevilla) im Labor
untersuchten, dass verschiedene Keime in Weihwasserbecken leben,
darunter auch Krankheitserreger (so in einer Wiener Spitalskapelle).
Durchschnittlich wurden in der Untersuchung von 2017
rund 6 000 Keime pro Milliliter gemessen (das Weihwasser aus
Stadtkirchen war mit 1 500 bis 21 000 Keimen pro ml signifikant
stärker belastet als das aus Dorfkirchen mit nur ca. 100 Keimen/
ml). Neben den herkömmlichen Wasserbakterien wurden vor allem
Keime der humanen Hautflora gefunden, insgesamt 20 verschiedene
Arten von Bakterien, insbesondere Staphylokokken (Erreger
von Haut- und Weichteileinfektionen, etwa von Abszessen).
Um die Hygiene in den Weihwasserbecken ist es also offenbar
nicht gut bestellt. Unklar ist jedoch, ob die darin enthaltene Menge
an Keimen für die Gläubigen ein Gesundheitsrisiko darstellt.
Zwei amerikanische Studien aus den Jahren 1992 und 1996 legen
jedoch nahe, dass in speziellen Situationen verkeimtes Weihwasser
tatsächlich gesundheitsgefährdend sein kann (v. a. in Spitälern).
Zur Übertragung von SARS-CoV-2 durch Weihwasser liegen bisher
noch keine Studien vor.
Hygienemaßnahmen für die Zukunft
In der katholischen Tradition wird seit dem sechsten Jahrhundert
dem Weihwasser (gesegnetes) Kochsalz beigefügt (vgl.
Liber Pontificalis).
Um eine geringere Keimbelastung zu gewährleisten, müsste
allerdings eine ausreichend große Salzmenge hinzugefügt werden
(mind. 4 %). Nachteil ist dabei, dass hohe Salzkonzentrationen Materialien
wie Marmor oder unedle Metalle angreifen, aus denen
viele Weihwasserbecken bestehen (hier müsste man Einlagen aus Glas oder Porzellan benutzen, die überdies
leichter zu entleeren und zu reinigen sind),
und dass der viruzide Effekt unbedeutend
ist (es wird jedoch angenommen, dass Salzwasser
möglicherweise unbehüllte Viren
inaktivieren kann). Zu Recht fordert die
Österreichische Bischofskonferenz zweimal
pro Woche einen Austausch des Wassers
und eine gründliche Reinigung der
Becken. Das frühere Caeremoniale Episcoporum
erwartete bereits eine wöchentliche
Erneuerung des Weihwassers (lib. 1, cap. 6,
n. 2). In wenig frequentierten Kirchen wird
wohl ein einmaliger wöchentlicher Austausch
genügen. Bei kleineren Mengen
könnte man auch destilliertes Wasser als
Grundlage benutzen (vgl. die Empfehlung
des Erzbistums Paderborn bereits während
der saisonalen Grippewelle im Januar 2019:
Gd 6–7/2019, S. 83).
Eine weitere, etwas extravagante Möglichkeit,
um die Keimbelastung gering zu
halten, wären automatische Weihwasserspender,
die gegenwärtig mit oder ohne
Sensoren angeboten werden (deren Einsatz
aber bereits während der „Schweinegrippe“-
H1N1-Pandemie 2009/10 in italienischen
Kirchen belegt ist). Ähnlich einem
Seifen- oder Desinfektionsspender tropft das
gesegnete Wasser in die Hand und macht
das unhygienische Eintauchen der Hände
überflüssig. Diese scheinbar findige Idee ist
allerdings nicht so neu, denn sie wurde in
der Jugendstilkirche am Steinhof in Wien
bereits vor über 110 Jahren umgesetzt, als
der Architekt Otto Wagner aus einem vergoldeten
Spender das Weihwasser tropfenweise
abgeben ließ, um die Übertragung von
Infektionen (Tuberkulose) zu verhindern
(siehe Foto oben links). Äußerst skurril sind
abgepackte kleine feuchte „Weihwassertücher“,
was nichts mehr mit einem Gedächtnis
der Taufe beim Bekreuzigen mit den befeuchteten
Fingern zu tun hat.
Man könnte sich außerdem öfters des
sog. „Sonntäglichen Taufgedächtnisses“
bedienen, bei dem im Eröffnungsteil der
Messfeier (frisches) Weihwasser gesegnet
und die Gemeinde damit besprengt wird
(als Ersatz für das „Allgemeine Schuldbekenntnis“).
Allerdings sollte man hier anstelle
des Aspergills mit seinem eingelegten
Schwamm, der auf Dauer kontaminiert
werden kann, eventuell auf Alternativen
bei der Besprengung der Gemeinde zurückgreifen,
z. B. auf einen leichter zu reinigenden
Weihwasserwedel.
Zur Verringerung des Keimwachstums
könnte man neben dem regelmäßigen Wasseraustausch
und dem rituellen Salzzusatz
auch auf das Material der größeren Weihwasserbehälter
ein Augenmerk legen. Möglicherweise
lassen sich hier mit Kupfer (und
seinen Legierungen, wie Messing) bessere
Bedingungen erzielen, da seine Ionen, nach
denen von Silber, recht gute antibakterielle
und antimikrobielle (aber keine fungiziden
und viruziden) Eigenschaften besitzen, wie
viele medizinische Studien beweisen.