Wissenschaft der Liturgie. Bd. 1, Teil 1: Begriff, Geschichte, Konzepte, hg. v. Martin Klöckener/Reinhard Meßner (Gottesdienst der Kirche 1,1), Regensburg: Verlag Friedrich Pustet 2022; 784 S.; 78,00 Euro; ISBN 978-3-7917-3364-7
Der hier anzuzeigende Teilband des Handbuchs der Liturgiewissenschaft „Gottesdienst der Kirche“ bietet nicht weniger als eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit dem Begriff „Liturgie“ und einen Überblick über das Gottesdienstverständnis in verschiedenen Konfessionen. Vor allem aber findet sich eine eindrucksvolle Darstellung von „Geschichte, Stand und Aufgaben der katholischen Liturgiewissenschaft im deutschen Sprachgebiet“, mit der Benedikt Kranemann (Erfurt) einen wichtigen Baustein für die historische und wissenschaftstheoretische Reflexion auf die Disziplin gibt. Kranemann schlägt den Bogen von den mystagogischen Katechesen bis zu den Liturgik-Werken des 19. Jahrhunderts, in denen der Gottesdienst der Kirche und der Glaube, wie er sich in Gebet und ritueller Feier ausdrückt, Gegenstand der religiösen und theologischen Reflexion geworden ist. Seine Ausführungen, die natürlich auch die Etablierung einer eigenständigen Disziplin seit der Mitte des 20. Jahrhunderts und die gegenwärtigen Herausforderungen umfassen, werden durch Einblicke in die Wissenschaftsgeschichte und Wissenschaftspraxis anderer Sprachgebiete und Konfessionen ergänzt.
Das vorliegende Werk zur „Wissenschaft der Liturgie“ hilft dabei, Namen und bekannte und weniger bekannte Werke, die für die Liturgiewissenschaft bedeutsam sind, besser einzuordnen. Es bietet eine Fülle von bibliographischen Angaben, die vor allem für die Weiterarbeit hilfreich sein werden. Es kann aber phasenweise auch zum Lesevergnügen werden. Genial etwa ist, wie Augustinus Sander (Maria Laach/ Rom) den lutherischen Gottesdienst vorstellt, und äußerst anregend sind die Typologisierungen, mit denen Michael Meyer-Blanck (Bonn) die gegenwärtigen Herausforderungen und Ansätze evangelischer Liturgiewissenschaft charakterisiert. Es ist vermutlich die Distanz durch Mentalitäten und Sprachen, dass das Bild der Liturgiewissenschaft in der Orthodoxie nicht ähnlich anschaulich wird.
Wer sich über Liturgiewissenschaft in ihrer aktuellen Breite, aber auch in ihren geschichtlichen Wurzeln informieren will, wird mit großem Gewinn den voluminösen Band von 784 Seiten konsultieren. Wer selbst in Lehre und Forschung Liturgiewissenschaft betreiben will, muss diesen Band nicht nur in seinem Handapparat haben, sondern auch studieren und nutzen.
Prof. em. Dr. Winfried Haunerland, München