Hochgebet in Leichter Sprache

Die deutschen Bischöfe haben eine Fassung des Hochgebets in Leichter Sprache zur Erprobung im Gottesdienst freigegeben. Diese Übersetzung stellt einen wichtigen Beitrag für die Pastoral für Menschen mit Behinderung und für deren Inklusion in die Liturgie dar.

Am 21. Februar 2024 gegen 11.45 Uhr gab es für mich bei der Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) in Augsburg einen besonderen Augenblick, als die versammelten Bischöfe mit Mehrheit das „Hochgebet in Leichter Sprache“ zur Verwendung im Gottesdienst mit Menschen, die eine kognitive Behinderung haben, freigaben. Damit wurde ein langer Prozess abgeschlossen.

Das Ziel für die Erstellung eines Hochgebets in Leichter Sprache war es, Personen mit kognitiven Beeinträchtigungen möglichst nahe an das Geheimnis der Eucharistie heranzuführen und ihnen besser die Mitfeier zu ermöglichen. Leichte Sprache ist eine eigene Sprachform, die man erlernen muss wie Französisch oder Latein. Es geht um eine Sprache, die auf Sprachformen mit präsentischen Handlungsabläufen und verbalen Mitteilungen aufbaut, die zumeist wenige Wörter pro Satz umfassen dürfen.

Seit 2015 wurde an den Texten des Hochgebets gearbeitet. Mein Vorgänger in dieser Funktion im Beirat für inklusive Pastoral, Weihbischof Otto Georgens, war im Auftrag des damaligen Vorsitzenden der Pastoralkommission, Bischof Franz-Josef Bode, zusammen mit Prof. Winfried Haunerland († 2023) und Dr. Stephan Steger aus der Liturgiekommission auf dem Weg zu den ersten Entwürfen. Am 26. April 2016 wurden diese Texte zuerst der Liturgiekommission vorgelegt. Danach arbeiteten die Dogmatikerin Prof. Julia Knop, der Liturgiewissenschaftler Prof. Benedikt Kranemann und die beiden vorher genannten Vertreter zusammen mit Fachleuten der Leichten Sprache an den Texten. Am 27. April 2021 befasste sich die Liturgiekommission nochmals mit den Textentwürfen. Am 4. Mai 2021 wurden sie zur finalen Bearbeitung durch den Beirat für inklusive Pastoral an die oben genannten Professoren weitergereicht. In der Herbst- Vollversammlung 2023 der DBK wurde der Text vorgelegt und besprochen. Danach hatten die Bischöfe die Möglichkeit, schriftlich Änderungswünsche einzubringen, die dann in eine Fassung integriert wurden, die den Bischofskonferenzen des gesamten deutschen Sprachraums vorgestellt wurde. Bei einer Vorlage in Rom durch den Vorsitzenden der Liturgiekommission, Bischof Stephan Ackermann, wurde der Text gutgeheißen, so dass einer Vorlage zur Frühjahrs-Vollversammlung der DBK 2024 in Augsburg nichts mehr im Wege stand. Jüngst ist durch das Deutsche Liturgische Institut in Trier die Veröffentlichung erfolgt.

Es ist gut, wenn es in den Pfarreien eine besondere Aufmerksamkeit gibt für Barrieren bei Kirchen, Gemeinderäumen und auch bei den Worten, die wir in Schaukästen oder auf der Homepage veröffentlichen. Es muss jeder Pfarrer die Frage beantworten, ob er die Evangelien in Leichter Sprache anschafft. 49,95 Euro kostet das Buch für die Sonn- und Festtage im Lesejahr B, das im Advent 2023 begonnen hat (vgl. Bibel in Leichter Sprache. Evangelien der Sonn- und Festtage im Lesejahr B, Stuttgart 2017). Ist das nicht eine Investition, die sich lohnt? Ich sage, dass sie sich allein schon für den Prediger lohnt. Wie schon bei den Texten für Gehörlose wird der Blick für theologische Aussagen frei, die bisher nicht so sehr wichtig waren. Wer z. B. eine Predigt vor Gehörlosen über die Heilung des Gehörlosen und Stummen vorbereiten will, wie sie in Mk 7,31–37 berichtet wird, der muss die Frage im Blick behalten: „Und warum werde ich nicht geheilt und kann hören und sprechen?“ Und Blindenheilungen, die in vielfacher Weise von Jesus berichtet werden, lösen die gleiche Frage aus. Hier kann ich als Seelsorger nur daran erinnern, dass die besondere Aufmerksamkeit Jesu den Menschen mit Behinderung galt und diese sich durch ihre Heilung in ihrem Lebensablauf verändern ließen, denn Heilung bedeutet ja auch: Umstellung des Lebensalltags, der jetzt plötzlich selbstbestimmt gestaltet werden kann und muss.

Die Sensibilisierung für Besonderheiten in der Seelsorge war zu allen Zeiten eine Herausforderung. Das technische Zeitalter mit Digitalisierung fordert uns wiederum heraus, die Chancen und Gefahren zu erkennen, zu benennen und Wege zu suchen, wie auf diesem Weg das Evangelium zu den Menschen kommen kann. Eine gute Predigt in Leichter Sprache kann viel Arbeit machen, aber es lohnt sich, auf diese Weise über den Kern der Botschaft nachzudenken und vielleicht manchen Lieblingsgedanken wegzulassen, den es bei uns Predigern immer gibt.

Ich wünsche uns allen in der Kirche, den Blick offen zu halten für unsere Mitchristen, die auf dem Weg zum Gottesreich sind. Sie haben es verdient, unsere Aufmerksamkeit zu wecken, weil sie auch die Aufmerksamkeit Jesu hatten.

Das Hochgebet in Leichter Sprache ist als Publikation erhältlich beim Deutschen Liturgischen Institut. Weitere Informationen auf S. 125 in diesem Heft.

 

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