Michael Klessmann: Verschwiegene Macht. Figurationen von Macht und Ohnmacht in der Kirche, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2023; 280 S.; 35,00 €; ISBN 978-3-525-60015-3
Seit einigen Jahren widmet sich die katholische Liturgiewissenschaft mit großem Engagement und Erkenntnisgewinn dem Themenfeld „Liturgie und Macht“ (vgl. etwa Gregor Maria Hoff u. a. [Hg.]: Amt – Macht – Liturgie. Theologische Zwischenrufe für eine Kirche auf dem Synodalen Weg, Freiburg i. Br. 2020; vgl. Gd 20/2020, S. 233). Jetzt liegt auch eine Studie aus der evangelischen Theologie zu diesem Komplex vor.
„Das Phänomen der Macht wird in Kirche und Theologie wie ein Stiefkind, wie in früheren Zeiten ein uneheliches Kind behandelt: Übersehen, vernachlässigt, schamhaft verschwiegen“, erklärt der Autor und praktische Theologe Michael Klessmann in seinem Vorwort (S. 9). Im Folgenden deckt er in neun Kapiteln auf, wie verschiedene kirchliche Institutionen, Denkweisen und Handlungsfelder von Machtstrukturen durchdrungen sind, darunter auch Liturgie („Macht des Rituals“) und Predigt („Macht des Wortes“). Denn Rituale geben „Sinn-Ordnungen“ vor, denen sich die Mitfeiernden zwangsläufig unterwerfen müssen: „Das Ritual bestimmt, was man tut oder lässt, nicht die beteiligten individuellen Personen. (…) In Messbuch bzw. Agende ist festgelegt, was auf welche Weise geschieht, wer sich wie verhält, was von wem gesagt oder gesungen wird. Wer aus welchen Gründen auch immer aus dem Vollzug des Rituals ausschert, macht sich zum Außenseiter (…)“ (S. 174 f.).
Der Autor plädiert nicht dafür, alle kirchlichen Machtmechanismen aufzulösen, denn diese können auch Gutes bewirken. Seine Studie verfolgt vielmehr das Ziel, die subtilen Machtmechanismen innerhalb kirchlicher Arbeitsfelder aufzudecken, um sie bewusster wahrzunehmen. Nur auf diese Weise können sich eingespielte, womöglich destruktive Handlungsvollzüge verändern – damit das Ausüben von Macht auf der einen Seite nicht ein Gefühl von Ohnmacht auf der anderen Seite zur Folge hat. – Lesenswert!
Irene Gysel: Gottesdienst und Inszenierung. Eine Fernsehredaktorin schaut zurück, Zürich: Theologischer Verlag 2023; 106 S.; 19,80 €; ISBN 978-3-290-18533-6
Die Autorin Irene Gysel war viele Jahre verantwortlich für Gottesdienstübertragungen im Schweizer Fernsehen. Sie weiß demnach sehr gut, was es heißt, Liturgie zu inszenieren und mit der Kamera einzufangen. Mit ihrem Büchlein „Gottesdienst und Inszenierung“ möchte sie ihren reichen Erfahrungsschatz weitergeben.
Behandelt werden in kurzen Kapiteln Grundlagen wie „Licht“, „Musik“ oder „Gemeinde“. Es handelt sich dabei weniger um Sachinformationen als vielmehr um persönliche Beobachtungen und anekdotenhafte Rückblicke. Wer selbst Gottesdienste aus der eigenen Pfarrkirche medial übertr.gt, wird sich in manchem wiederfinden und vieles dazulernen können.
Manuel Uder, DLI, Trier