Abendmesse

Es war ein Schreiben des „Reichsministers für kirchliche Angelegenheiten“, der Ende Oktober 1940 für große Aufregung unter den katholischen Bischöfen Deutschlands sorgte: Ab sofort seien „tägliche kirchliche Veranstaltungen“ nach Luftangriffen vor zehn Uhr verboten. Nach den Angriffen sollten die Menschen Zeit haben, sich von der Nacht im Luftschutzbunker zu erholen und sich an Aufräumarbeiten zu beteiligen. Der NS-Staat griff damit erstmals in die Gottesdienstordnung der Kirchen ein. Für Katholiken war das ein Problem: Heilige Messen durften damals nur zwischen Morgenröte und Mittag gefeiert werden; wollte man die Kommunion empfangen, hatte man vorher zu fasten. Viele Menschen waren es gewohnt, am frühen Morgen vor der Arbeit oder dem Schulbesuch zur Messe zu kommen.

Im Februar 1941 erließ Papst Pius XII. ein Indult, also eine Ausnahmegenehmigung, für die Tage nach nächtlichem Fliegeralarm: Die Messe konnte nun erstmals auch nach 13 Uhr gefeiert werden. Auch das Nüchternheitsgebot wurde gelockert: Wer nach 13 Uhr zur Kommunion gehen wollte, durfte zuvor am Tag etwas essen. Das erforderliche Fasten vor dem Kommunionempfang wurde auf vier Stunden beschränkt. Weitere Erleichterungen folgten in den Jahren darauf. Nach dem Krieg blieb man bei den gelockerten Bedingungen. Die Abendmesse war geboren.

Heute ermöglicht die Abendmesse an Werktagen vielen Berufstätigen die Teilnahme am Gottesdienst. Die Messe am Vorabend des Sonntags und am Sonntagabend stellt eine Anpassung an die veränderten Lebensrhythmen dar und ist vielfach auch dem Priestermangel geschuldet.

Benjamin Leven

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