Evangeliar

Das Evangeliar im weiteren Sinne enthält die vier Evangelien, im engeren die an Sonn- und Festtagen in der Messe verkündeten Evangelienperikopen (dann auch als „Evangelistar“ bezeichnet). Insofern ist das Evangeli(st)ar eine Teilausgabe des Lektionars, da das Lektionar neben den alt- und neutestamentlichen Lesungen (und dem Antwortpsalm) auch die Evangelienperikopen enthält.

Weil Gott auch anwesend ist, wenn sein Wort aus der Schrift verkündet wird (vgl. SC 7), erfährt das Evangeli(st)ar als Buch, aus dem das Wort Gottes verkündet wird, besondere Verehrung: Evangelienprozession, Weihrauchinzens, Leuchter, Bezeichnung mit dem Kreuz, Kuss; Mittragen bei Prozessionen, v.a. bei Ein- und Auszug feierlicher Messen. Die Wertschätzung gegenüber dem Wort Gottes kommt auch in der materiellen wie künstlerischen Qualität des Evangeli(st)ars zum Ausdruck. Bereits die frühe Kirche verwendete akkurat geschriebene Handschriften (Codices), die durch die Buchmalerei des Mittelalters auch bildliche Darstellungen erhielten. Besonders die Einbände erfuhren eine Prachtentfaltung (Gold, Silber, Elfenbein, Edelsteine).

Bei der Weihe eines Bischofs wird das Evangeli(st)ar während des Weihegebets aufgeschlagen über den Kopf des Kandidaten gehalten und ihm anschließend überreicht, weil die Verkündigung des Evangeliums die vorzüglichste Aufgabe eines Bischofs ist. Auch neugeweihte Diakone erhalten das Evangeli(st)ar, da ihnen die liturgische Verkündigung des Evangeliums obliegt.

Christoph Neuert, Trier

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