In der Liturgie werden längst vergangene Ereignisse in der Heilsgeschichte durch das Gedächtnis in die Gegenwart hineingezogen (Anamnese). So benutzt die Liturgie an Hochfesten im Gedenken an die zugrunde liegenden biblischen Ereignisse das Wort "heute", z.B. in der Liturgie vom Letzten Abendmahl (Gründonnerstag): "Am Abend vor seinem Leiden, das ist heute, nahm er das Brot …"
Besonders trifft diese Vergegenwärtigung für das Kreuzesopfer Jesu Christi zu, welches im eucharistischen Sakrament vergegenwärtigt wird. Man kann sich diesem Geheimnis mit der Überlegung nähern, dass Gott größer ist als Zeit und Raum, und somit alles, was je geschehen ist, in ihm aufgehoben bleibt und deshalb alles in ihm auch Gegenwart ist. Während Jesus seinen Jüngern zugesagt hat, bis ans Ende der Tage bei ihnen zu sein, und dies so verstanden werden kann, dass er in der Kirche durch den Heiligen Geist wirkt und sie führt, kommt der Gegenwart Christi im eucharistischen Sakrament eine besondere Bedeutung zu. In ihm ist er nicht einzig mit wirksamer Kraft, sondern in seiner ganzen Person, als der auferstandene Herr und Gott, zugegen. Auch wenn er dabei für unsere Sinne verborgen bleibt, kann man sich keine konkretere Gegenwart Christi denken.
In der Liturgie vollzieht sich die Gegenwart Christi auf mannigfaltige Weise: Er ist in der Versammlung der Gläubigen zugegen gemäß seiner Worte: "Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen" (Mt 18, 20). In den Worten der Heiligen Schrift, vor allem dem Evangelium, spricht er selber zu der Versammlung. Darum wird dem Evangelium eine besondere Verehrung entgegengebracht durch den Halleluja-Ruf, die Inzensierung mit Weihrauch, die Begleitung mit Leuchtern, das Stehen der Gemeinde. Auch antwortet diese auf den Schlussruf des Diakons bzw. Priesters: "Evangelium unseres Herrn Jesus Christus" mit: "Lob sei dir, Christus." Sie bekennt also, dass sie die Worte Jesu Christi selbst gehört hat.
Wie oben geschildert, ist Christus in der Eucharistie gegenwärtig. Im Priester begegnet uns in der Eucharistiefeier ebenfalls Christus, da er der eigentliche Handelnde ist, der durch die Person des Priesters das eucharistische Opfer vollzieht. Als Symbol dafür trägt der Priester die Stola.