Königskerze, Rainfarn, Beifuß, Wermut, Schafgarbe, Johanniskraut, Ringelblume, Spitzwegerich... Bis zu 99 Heilpflanzen kann in manchen Regionen ein Kräuterbüschel umfassen, das am Hochfest der Aufnahme Marias in den Himmel (15. August) zur Segnung in die Kirche gebracht wird. Dieser farbenfrohe Brauch ist für den deutschsprachen Raum zwar erst für das 10. Jahrhundert fassbar, doch reichen seine Wurzeln viel weiter zurück. So wurden Pflanzen, Bäume und Blumen, bereits in der Bibel ganz selbstverständlich mit dem Schöpfergott in Verbindung gebracht, da man sie als Ausdruck seines umfassenden Heilswillens verstand.
Dass Kräuter gerade an Mariä Himmelfahrt eine derart besondere Rolle spielen, hat wohl vor allem praktische Gründe: Im Hochsommer stehen die meisten Heilkräuter in voller Blüte und Pracht vor uns. Doch auch theologisch passt die Verbindung von Kräutersegnung und Marienfest: Denn gerade das, was diese Pflanzen symbolisieren, nämlich ein ganzheitliches Heilwerden, ist der Gottesmutter Maria bereits zuteil geworden.
Das deutschsprachige Segensbuch der katholischen Kirche, das Benediktionale, sieht die Kräutersegnung entweder als Abschluss des Wortgottesdienstes der Messfeier oder im Zusammenhang mit deren Schlusssegen vor (Nr. 9). Nach dem Magnificat, dem Lobgesang Mariens (Lk 1,46-55), folgt das eigentliche Segensgebet, welches die Schönheit der Schöpfung, die durch Heilkräuter und Blumen besonders zu Ausdruck gebracht werden, in den Vordergrund stellt. Der Zelebrant besprengt die Kräuterbüschel anschließend mit Weihwasser.
Manuel Uder