Wenn heute junge Leute sagen, etwas sei „Kult", dann ist das besonders „in" oder „angesagt". In der Religionsgeschichte ist Kult der Dienst, den eine Gemeinde einer Gottheit erweist, um sich ihrer helfenden Nähe zu versichern. Dazu bedienen sich die Menschen festgelegter Worte und Handlungen, die von der Gottheit selbst gestiftet wurden. Insbesondere werden Opfer dargebracht, damit die Gottheit selbst daraus die Kraft schöpfen kann, um ihrerseits den Menschen zu helfen. Es gibt Kultorte wie Berge, einen Baum, eine Höhle, eine Quelle, und feste Zeiten wie Sonnenwende, Sonnenauf- und -untergang, Aussaat und Ernte, Geburt und Tod.
Im Alten Testament ist der Kult mit Heilsereignissen der Geschichte verbunden: Auszug aus Ägypten, Bundesschluss, … In Christus ist aller bisherige Kult erfüllt; Gottbegegnung geschieht einzig durch ihn; er ermöglicht den „Zugang" zum Vater. Dafür gibt es keine festen Orte und Zeiten mehr, sondern die um Christus im Heiligen Geist versammelte Gemeinschaft ist der Ort der Anbetung Gottes. Diese geschieht im Hören des Wortes Gottes (Verkündigung) und in der Feier des von Jesus gestifteten Mahles zum Gedächtnis seiner Hingabe (Opfer).
Häufig wird das Wort „Kult" für Anbetung und Verehrung als der Gott geschuldete Ausdruck unserer Hingabe verwendet und damit als sittliche Pflicht gesehen. Das kann den Blick dafür verstellen, dass christliche Existenz und christliche Liturgie immer ein dialogisches Geschehen zwischen dem ersthandelnden Gott und den Menschen ist.
Eduard Nagel