In der Kirche gibt es immer wieder liturgische Aufbrüche und Reformbestrebungen mit dem Ziel, Liturgie, insbesondere die sonntägliche Eucharistiefeier, als Zentrum des Gemeindelebens und der persönlichen Spiritualität erfahrbar zu machen und die Gläubigen zur tätigen Teilnahme zu motivieren. Sie werden als Liturgische Bewegung bezeichnet.
Für unsere Zeit ist die Liturgische Bewegung der 1. Hälfte des 20. Jh. von großer Bedeutung, da ihre Ideen direkten Einf luss auf die Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils hatten. Als ihr Auslöser gilt die Rede von Lambert Beauduin OSB auf dem Katholikentag von Mecheln 1909 - das sog. Mechelner Ereignis. Wenige Jahre vorher (1905) hatte Papst Pius X. den häufigen Kommunionempfang gefordert und 1910 in einem weiteren Dekret die Erstkommunion ab dem 7. Lebensjahr ermöglicht. Er bot somit einen Rahmen für den Zugang der Gemeinde zur Messfeier.
Die Liturgische Bewegung wurde im deutschsprachigen Gebiet u. a. vom Kloster Maria Laach und von Pius Parsch in Klosterneuburg/Österreich sowie von der Jugendbewegung Quickborn (Burg Rothenfels, Romano Guardini) und weiterer Jugendverbände getragen. Das Leipziger Oratorium und die Innsbrucker Theologische Fakultät trugen zur Entfaltung der Bewegung bei.
Viele Bereiche der Liturgie, die uns heute selbstverständlich erscheinen, sind auf das Engagement der Liturgischen Bewegung zurückzuführen: Vor allem ist die Wertschätzung der Gemeinde für die Feier der Eucharistie zu nennen. Sie drückt sich in der Neugestaltung der Kirchen mit freistehendem Altar aus, um den sich die Feiernden versammeln. Die Feier der Osternacht wurde neu geordnet und vom Vormittag des Karsamstag auf die eigentliche Nacht zurückverlegt. Der Zugang zur Kommunion, auch unter beiden Gestalten, wurde erleichtert: Die Forderung nach Nüchternheit wurde praktisch aufgehoben.