Katholiken werden nach wie vor mit dem Vorwurf konfrontiert, sie würden Maria „anbeten" - ein Widerspruch gegen das erste Gebot, das den Götzendienst verbietet. Ebenfalls lehne es die Bibel ab, Tote anzurufen.
Tatsächlich glauben wir: Maria ist nicht tot. Nichts ist lebendiger als ein toter Heiliger. Maria ist in der „Gemeinschaft der Heiligen" mit der Kirche verbunden. Es entspricht alter katholischer und orthodoxer Frömmigkeitspraxis, sie auch direkt anzusprechen. Man nennt dies „Anrufung". Gemeint ist damit das ganz „familiäre" Gespräch, wie man eben eine Mutter anspricht. Dazu gehören der Gruß, die Seligpreisung und die vertrauensvolle Bitte um die Fürsprache Marias, bis hin zur liebenden Hingabe an sie. Das geschieht natürlich in Gebetsform. Ein an Maria gerichtetes Gebet ist jedoch der Sache nach etwas ganz anderes als Anbetung. Anbetung gebührt allein Gott, dem Schöpfer und Erlöser des Menschen. Maria selbst ist das beste Beispiel, wie ein Mensch aus ganzem Herzen Gott anbetet. Echte Marienverehrung führt hin zur Anbetung Gottes und zu einem Leben nach seinem Willen.
Elemente einer Maiandacht
Hier geht es nicht um eine bestimmte Reihenfolge oder Anzahl von Elementen, sondern erst einmal nur um eine Aufzählung.
- Schriftwort(e): Lesung und/oder Evangelium
- Vertiefung des Gehörten durch eine Ansprache, Betrachtung, Meditation
- Stille zur persönlichen Besinnung und zum Gebet
- zwei bis drei Gebete (z. B. auch ein Psalm, eine Litanei)
- Lieder (auch Wechselgesang, gesungene Litaneien, Marienrufe, Magnifikat)
- Elemente des Lobpreises Christi und des Dreifaltigen Gottes dürfen nicht fehlen: Christuslied(er), Loblied(er), Christusgebet(e), Preisungen; wo es möglich ist, sollte dieser Teil der Feier als Eucharistische Anbetung mit Aussetzung des Allerheiligsten gestaltet sein. Gottesdienstbeauftragte oder Kommunionhelfer dürfen den Tabernakel öffnen und das Allerheiligste im Ziborium oder in der Custodia zur Verehrung herausstellen.
- Fürbitten
- Vaterunser
- Segensbitte
- Bei eucharistischer Anbetung gibt der Priester oder Diakon den sakramentalen Segen mit dem Allerheiligsten
- Wort auf den Weg / zur Aussendung
Elemente, die die Maiandacht noch festlicher machen
- Prozession zum Marienbild
- Blumen und/oder Lichter zum Marienbild bringen; Kinder einbeziehen
- Aus Blüten am Marienbild ein schönes Motiv legen (lassen). Aus Zeitgründen kann man das meiste schon vor der Andacht fertig stellen; es werden nur noch die ausgesparten Stellen evtl. von Kindern gefüllt.
- Lichter entzünden, z. B. bei jeder Fürbitte: „Dieses Licht zünde ich an für …"
- Ortswechsel: marianischer Teil der Feier vor dem Marienbild, christusbezogener (eucharistischer) Teil der Feier vor dem Altar
- Weihrauch (nur vor dem Allerheiligsten, nie vor einem Marienbild), sinnvollerweise auch zum Magnifikat
- Bildbetrachtung, wenn es ausreichend dunkel ist (mit Dia, Folie, Beamer); oder als Bild bzw. Karte austeilen
- Liturgischer Tanz
- Chor, Schola, Bläser, Instrumentalstück
- Verwendung weiterer Symbole
- Szenische Darstellung / Pantomime
Leitende Prinzipien, Grundregeln und Tipps
- Die Gebete und Texte einer Maiandacht (Marienandacht) müssen einen erkennbaren Christusbezug als innere Grundrichtung haben und auch vom äußeren Ablauf her entweder mit dem Lobpreis Gottes beginnen oder in die (eucharistische) Anbetung einmünden.
- Texte, Gebete und Lieder müssen biblisch fundiert, im Glauben der Kirche verankert und von emotionaler Wärme getragen sein.
- Aufteilung der Texte auf verschiedene Sprecher/innen (mindestens zwei); unterschiedliche Rollen klar trennen (Vorbeter/in, Lektor/in, Sprecher/in).
- Die Gebetsrichtung ist anders als die Verkündigungsrichtung beim Sprechen. Im Klartext: Warum nicht als Leiter/in oder Vorbeter/in von einem Betstuhl oder von einer Kirchenbank aus beten, anstatt den „Vorsitz" und das „Gegenüber" zu betonen?
- Klar erkennbares (Schwerpunkt-) Thema der Andacht: Gebete, Texte und Lieder müssen zusammenpassen.
- Nicht zu viele und zu lange Vorlese-Texte
- Etwas (aber nicht alles!) zum gemeinsamen Mitbeten, z. B. aus dem Gesangbuch; Textblätter
- Nicht immer nur Neues! Etwas Vertrautes und bekannte Volksgebete einbauen, aber nichts „Verstaubtes".
- Texte und Gebete in guter, moderner Sprache; nichts „Abgehobenes". Lebensnähe!
- Die Andacht braucht eine Dramaturgie: Sie benötigt einen inneren Mittelpunkt (das ist die vertiefende Betrachtung) und muss auf einen Höhepunkt zulaufen (das ist z. B. ein feierlicher Gesang, das Vaterunser, der sakramentale Segen).
- Ausgewogene Mischung der einzelnen Elemente; Abwechslung.
- Dauer nicht länger als 35 bis 40 Minuten (außer wenn die Andacht mit einer Prozession verbunden ist).
- Es hat sich bewährt, auf den Lied- und Textblättern für die Gemeinde nur die Wechselgebete abzudrucken, bei denen die Gemeinde beteiligt ist. Einleitungstexte, längere Schrifttexte und Betrachtungen sollen bewusst durch Hören aufgenommen werden. Dasselbe gilt für Litaneien und litaneiartige Gesänge, bei denen der Antwortruf kurz bzw. bekannt ist (z. B. die „Grüssauer Marienrufe"). Es ist nicht gut, alle Texte abzudrucken und dann alles der Reihe nach ablesend „herunterzubeten" und „abzusingen". Allerdings sollte der Ablauf klar sein, und die Überschriften der nicht abgedruckten Teile sollten auf dem Blatt stehen, z. B. „Einführung, „Lesung", „Betrachtung".
- Es ist gut, die Gemeinde zum Sitzen einzuladen (z. B. bei Betrachtungen), evtl. zum Stehen bei bestimmten Gebeten (wie beim Vaterunser) oder Texten (aus den Evangelien) sowie zum Knien (bei der Eucharistischen Anbetung, zumindest beim sakramentalen Segen).
- Viele beliebte Marienlieder stehen im Diözesananhang des Gotteslob.
Aufbau einer Maiandacht
- Eine Maiandacht sollte nicht die streng liturgisch-nüchterne Form einer Wort-Gottes-Feier haben, sondern deutlich anders aufgebaut sein. Im Folgenden ein Vorschlag:
- Lied
- (Begrüßung)
- Eröffnungsgebet (Mariengruß)
- Schriftwort
- (Antwortgesang)
- Vertiefung (Betrachtung, Ansprache, meditativer Text, Bild)
- Stille (dazu evtl. Instrumentalstück)
- Lied (Marienrufe)
- (Marien-)Gebet(e), dazwischen Lied(er)
- (Aussetzung des Allerheiligsten, dazu ein passendes Lied)
- Lobpreis (Anbetung) in Gebet und Lied
- Fürbitten
- Vaterunser
- (Vor dem eucharistischen Segen: Segenslied/Tantum ergo und Oration)
- (Eucharistischer) Segen oder Segensbitte
- Schlusslied und/oder Orgelnachspiel
Buchtipp
Josef Treutlein: Maiandachten. Modelle und Anregungen, Freiburg - Basel - Wien: Herder Verlag 2009; 80 S. + CD-ROM; € 12,95; ISBN 978-3-451-32241-9.
Das Buch bietet neben der hier abgedruckten Einführung sieben vollständig ausgearbeitete Maiandachten mit kreativen Gestaltungsideen. Zu jeder Andacht gibt der Autor detaillierte Hinweise zur Zielgruppe, zu Ort und Zeitpunkt und Dauer der Andacht sowie eine Checkliste, damit nicht Wichtiges übersehen wird.