Vorbild, Fürsprecherin und Urbild der KircheMaria in Liturgie und Volksfrömmigkeit

Maria genießt als entscheidende Glaubensgestalt große Verehrung in der römisch-katholischen wie in der orthodoxen Liturgie und Volksfrömmigkeit. Einige Formen der Marienverehrung gerieten in den letzten Jahrzehnten in die Kritik. Mancher meinte darin eine unangemessene Überhöhung oder Verselbständigung zu erkennen.

Andererseits gibt die traditionelle Marienverehrung vielen Menschen weiterhin wichtige geistliche Impulse. Papst Franziskus setzt hier einen Akzent nicht nur in seinem Wappen, auch in seinem ersten Weg als neu gewählter Pontifex, der ihn zum römischen Gnadenbild der Muttergottes in Santa Maria Maggiore führte. Hinzu kamen in der jüngeren Zeit neue Sichtweisen auf Maria etwa aus feministischer oder auch befreiungstheologischer Sicht. Sie speisen sich aus biblischen Impulsen wie dem Magnificat.

Maria und die Kirche

In seiner Kirchenkonstitution Lumen Gentium (LG) spricht das Zweite Vatikanische Konzil über die rechte Verehrung der Gottesmutter. Maria wird „als überragendes und völlig einzigartiges Glied der Kirche wie auch als ihr Typus und klarstes Urbild im Glauben und in der Liebe gegrüßt, und die katholische Kirche verehrt sie, vom Heiligen Geist belehrt, in kindlicher Liebe als geliebte Mutter“ (LG 53). Die Kirche erkennt also im Blick auf Maria ihren eigenen Auftrag, die Berufung, auf Gottes Wort zu hören, es anzunehmen und in die Welt zu tragen.

Mit Maria beten - zu Maria beten

Vorbild Marias übernimmt die Kirche auch in ihrem Beten. So schließt sie sich jeden Tag dem Gebet Marias an, wenn in der Vesper das Magnificat erklingt. Gott hat, seinen Verheißungen treu, aus Gnade auf die Niedrigkeit seiner Magd geschaut. Und Maria gibt glaubend ihre Antwort in Freiheit, konkret und konsequent.

Das Mariengebet der katholischen Kirche kennt daneben aber auch das Beten und Singen zu Maria. Man begründet dies etwa mit dem Handeln Mariens bei der Hochzeit von Kana, wo sie sich ihrem Sohn gegenüber als Fürsprecherin zeigt. Maria führt immer zu ihrem Sohn: „Was er euch sagt, das tut.“ (Joh 2,5) Hier drückt sich eine Hoffnung aus. Singend bekennen Christen mit Maria, dass Gott handelt in dieser konkreten Welt, dass Gott die Machtverhältnisse dieser Welt umkehrt.

Die Marienverehrung in der Liturgie der Kirche

Ausführlich geht Papst Paul VI. 1974 in seinem Schreiben Marialis cultus auf die Marienverehrung ein. Mit dem großen Anliegen der Liturgiereform, das Erlösungswerk Christi im gottesdienstlichen Handeln deutlicher herauszustellen, soll auch die Gedächtnisfeier der Heiligen enger verknüpft werden. Auf dieser Grundlage nennt Paul VI. Tage und Zeiten liturgischer Marienverehrung, zunächst die Advents- und Weihnachtszeit, dann besondere Feiertage wie das Hochfest der Unbefleckten Empfängnis (8.12.), das Hochfest der Gottesgebärerin (1.1.) und das Hochfest der Aufnahme Mariens in den Himmel (15.8.). Daneben erwähnt der Papst die zahlreichen kleineren Feiertage im Generalkalender und in den Eigenkalendern der Sprachgebiete. Schließlich verweist er auf die Möglichkeit einer liturgischen Feier zu Ehren der Gottesmutter durch Votivmessen an den Mariensamstagen.

Als wichtigen Beleg für den hohen Stellenwert der Marienverehrung in der Liturgie wertet Paul VI. die Tatsache, dass Maria in jedem Eucharistischen Hochgebet genannt wird, die reiche Auswahl an biblischen Lesungen im erneuerten Messlektionar, die sich auf die Jungfrau Maria beziehen, sowie die Zeugnisse der Andacht zur Gottesmutter im überarbeiteten Stundenbuch, nämlich Hymnen, Antiphonen und marianische Schriften unterschiedlicher Verfasser. Auch in den übrigen überarbeiteten liturgischen Büchern sind Äußerungen der Verehrung enthalten, so in der Heiligenlitanei vor der Taufe und am Ende dieser Feier. Bei Ordensprofess und Jungfrauenweihe wird auf das Vorbild Mariens gewiesen und ihr mütterlicher Beistand wird erbeten für die Sterbenden wie die Verstorbenen und die Trauernden.

Eine erstmalige Besonderheit der liturgischen Marienverehrung stellte das Marienmessbuch „Sammlung von Marienmessen“ und das dazugehörende Messlektionar dar, welches zum Marianischen Jahr 1988 auf Wunsch Papst Johannes Paul II. promulgiert wurde und das man als eine Art Anhang zum römischen Messbuch verstehen kann.

Maria im privaten Gebet und in der Volksfrömmigkeit

Neben der offiziellen Liturgie fördert die Kirche auch andere Formen der Frömmigkeit. Diese zeigt sich in unterschiedlichen Kulturen in vielfältigen Formen. Dazu gibt Paul VI. verbindliche trinitarische, christologische und ekklesiologische Hinweise. Zusätzlich nennt der Papst vier wesentliche Gesichtspunkte der (privaten) Marienverehrung: Die Notwendigkeit einer biblischen Ausrichtung; die inhaltliche Übereinstimmung mit der Feier der Liturgie und der volksfrommen Andachtsübungen, ohne sie miteinander zu vermischen; die ökumenische Achtsamkeit aufgrund ihres kirchlichen Charakters; und die Wahrnehmung bzw. Einbindung anthropologischer Aspekte aus Wissenschaft und Gesellschaft.

Davon lässt sich auch das Direktorium über die Volksfrömmigkeit und die Liturgie von 2001 leiten, wenn es über die Marienverehrung als ein „außerordentlich wichtiges und universal bedeutsames Element des kirchlichen Lebens“ spricht. Zusätzlich zu den in Marialis cultus erwähnten Zeiten marianischer Andachtsübungen nennt das Direktorium marianische Triduen, Wochen und Novenen und die „marianische Monate“. Auch die empfohlenen marianischen Andachtsübungen sind zahlreich, wie das betende Hören des Wortes Gottes, der „Engel des Herrn“ und das Regina caeli, der Rosenkranz, marianische Litaneien, die „Weihe“ als vertrauensvolle Hingabe an Maria, das Tragen von Skapulieren oder marianischen Medaillen und schließlich der ostkirchliche Hymnus Akathistos.

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