Japan vor dem Zweiten Weltkrieg
Japan entwickelte sich im 19. und 20. Jahrhundert zu einer militärischen und wirtschaftlichen Großmacht, die – ähnlich wie Deutschland – traditionelle bzw. sogar rückständige Herrschafts- und Sozialstrukturen mit modernen Machtelementen verband, hier vor allem Wirtschaft, Technik und Ideologie.
Japan als Polizei- und Militärstaat
Die Führungsschichten, insbesondere die Offizierskaste, hingen politischen Auffassungen an, die bis auf das Mittelalter zurückgingen, und besaßen einen autoritär-militaristischen Ehrenkodex. Der oberste Herr war der Kaiser, der Tenno¯, der eine gottgleiche Stellung innehatte. Unter ihm besaß vor allem das Militär eine beherrschende Position, dies auch in der Politik. Der Kriegsminister war immer ein aktiver General, der in der Regel genug Macht hatte, die Regierung nach Belieben aufzulösen. Es gab ferner radikale Gruppen und Geheimbünde mit teilweise großem Einfluss auf den Kaiser. Dabei spielten Offiziere als Mitglieder oft eine wichtige Rolle. Einer davon, der 1930 gegründete »Kirschblütenverein«, plante 1931 den Staatsumsturz und die Ermordung des Zivilkabinetts. Japan hatte zwar ein Parlament, das aber in sich zerstritten war, durch Korruption ausgehöhlt wurde und letztlich auch kaum Mitspracherechte besaß. Insgesamt gesehen entwickelte sich Japan zu einem totalitären Polizei- und Militärstaat, in dem zivile Kräfte eine nur schwache Machtbasis innehatten. Das Militärische herrschte vor und drang bis in die Zivilgesellschaft vor.
Japanischer Imperialismus
Das Bewusstsein weiter Bevölkerungskreise Japans war von Gehorsam und militärischer Unterordnung geprägt. Hinzu kam ein übermächtiger Imperialismus. Die Erfolge bei der territorialen Ausdehnung nach China und Korea in den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts steigerten die imperialistische Euphorie noch weiter. Die Besetzung der Mandschurei 1931 sollte die Grundlage für ein großes japanisches Reich legen. Dabei konnten die Japaner in geschickter Weise den entstehenden Antikolonialismus in Südostasien für ihre Zwecke ausnutzen. Die Bevölkerung der verschiedenen Nationen und Volksgruppen erhoben sich zunehmend gegen die alten Kolonialherrn, die infolge eigener Schwäche zunehmend an Macht verloren. Die Japaner schürten die Agitation gegen die Europäer und appellierten an das Gemeinschaftsbewusstsein der Asiaten. Sie propagierten die »Ostasiatische Wohlstandssphäre«, in der alle Völker – unter japanischer Führung – in wirtschaftlicher Sicherheit leben sollten. Dass damit in erster Linie eine japanische Herrschaft unter imperialistischen Vorzeichen ohne Mitspracherechte anderer Nationen gemeint war, sollte erst ab 1937/39 im Krieg gegen China richtig deutlich werden. Bis zu diesem Zeitpunkt besaßen die Japaner etliche Sympathien, die ihren Teil zur Destabilisierung der Kolonialmächte in Südostasien beitrugen.
Epochen japanischer Geschichte
Tokugawa-Zeit (1603 − 1867)
Die Tokugawa-Zeit war eine mehr als 250-jährige Periode inneren Friedens, politischer Stabilität und wirtschaftlichen Wachstums unter der Hegemonie der vom Kriegerstand getragenen Shogunatsregierung.
Meiji-Zeit (1868 − 1912)
Die Meiji-Zeit stand im Zeichen eines Reform- und Modernisierungsprozesses, u. a. Abschaffung des Feudalsystems, Rücknahme der Lehen, Zentralisierung der Verwaltung durch Einrichtung eines Präfektursystems und allmählicher Übergang zur konstitutionellen Regierung.
Taisho-Zeit (1912 − 1926)
In der Taisho-Zeit kam es zu Konflikten um die Entwicklung des parlamentarischen Systems. Die Regierung stand unter dem Einfluss von Militärkreisen. Im Parlament zeichnete sich ein Machtgleichgewicht zwischen den beiden größten Parteien ab.
Showa-Zeit (1926 − 1945/1989)
Die frühe Showa-Zeit bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs war gekennzeichnet durch eine zunehmende Krise des parlamentarischen Systems, eine Reihe von Putschversuchen und die allmähliche Übernahme der politischen Macht durch das Militär.
Von Pearl Harbor bis Burma – Japan greift an
Am 7. Dezember 1941 führte Japan mit dem Angriff auf Pearl Harbor den ersten Schlag gegen die US-Seestreitkräfte. Fast gleichzeitig griffen die Japaner Thailand, die Philippinen und Nord-Borneo an. Sie stießen nach dem Fall dieser Länder bis nach Burma vor und eroberten Indonesien einschließlich der Insel Timor. Weiter im Osten besetzten sie bis Ende März 1942 den Bismarckarchipel, die Nordküste von Neu-Guinea und die Gilbert-Inseln. Wake-Island im Mittelpazifik fiel erst nach einem zweiten japanischen Angriff. Anfang Mai mussten die US-Streitkräfte ihren letzten Stützpunkt auf den Philippinen aufgeben, eine Woche später waren die Briten fast vollständig aus Burma vertrieben.
General MacArthur und Admiral Nimitz
Die Japaner versuchten in der Folge, eine einheitliche Linie von Stützpunkten an der äußeren Peripherie ihres neuen Machtbereiches zu schaffen, um die eroberten Gebiete gegen Angriffe zu verteidigen und die Amerikaner schließlich dauerhaft von Südostasien fernzuhalten. Dieses Ziel wurde jedoch nicht erreicht, da die Amerikaner unter General MacArthur und Admiral Nimitz in der Seeschlacht im Korallenmeer und in der Schlacht von Midway den Kern der japanischen Flugzeugträgerflotte versenkten. Damit war letztlich bereits die Wende im Krieg erreicht, denn im Gegensatz zu den Amerikanern konnten die Japaner ihre Verluste insbesondere an Flugzeugträgern während des Krieges nicht mehr ausgleichen.
Inselspringen der USA
Bei der Rückeroberung der Inselwelt begannen die Amerikaner eine spezielle Strategie zu verfolgen, das »Inselspringen«. Man entschloss sich angesichts der wachsenden eigenen Überlegenheit zur See und in der Luft, nicht mehr alle japanischen Stützpunkte anzugreifen, sondern nur noch diejenigen, die für den eigenen Vormarsch wirklich wichtig waren. Bald begann sich der strategische Verteidigungsgürtel Japans aufzulösen. Ab November 1944 bombardierte die US-Luftwaffe die großen japanischen Städte von den Marianen aus. Im Februar 1945 stand die amerikanische Führung nun vor der Invasion des japanischen Mutterlandes.
Hiroshima und Nagasaki
Aufgrund der furchtbaren Erfahrungen der vorangegangenen Kriegsjahre war damit zu rechnen, dass die Japaner einen Massenwiderstand bis zum Tode organisieren würden. Die zu erwartenden Verluste waren nicht abzusehen. Daher entschied man sich für die Anwendung einer neuen Waffe. Am 6. August fiel die erste Atombombe auf Hiroshima und am 9. August eine weitere auf Nagasaki. Dabei kamen über 130.000 Menschen ums Leben. Zehntausende sollten in den folgenden Jahren und Jahrzehnten noch an den erlittenen Strahlenschäden sterben. Die japanische Führung musste einsehen, dass eine Fortführung des Krieges unmöglich war. Noch hoffnungsloser wurde die Lage, als Stalin den Nichtangriffspakt von 1941 kündigte und die Rote Armee am 8./9. August in die Mandschurei einmarschieren ließ. Am 2. September 1945 unterzeichneten die Vertreter Japans die Kapitulationsurkunde an Bord des Schlachtschiffes Missouri. Der Zweite Weltkrieg hatte damit seinen Schlusspunkt gefunden.
Kamikaze
Bei der Schlacht um den Leyte-Golf setzten die Japaner zum ersten Male in größerem Umfange Selbstmordflieger, »Kamikaze«, ein. Dabei handelte es sich um zumeist sehr junge Piloten, deren Flugzeuge mit Sprengstoff beladen waren und die sich als »fliegende Bomben« auf amerikanische Schiffe oder Stellungen stürzten. Der militärische Nutzen der »Kamikaze« war allerdings gering, die »Erfolge« lagen wohl eher im psychologischen Bereich.
Die letzten Schlachtschiffe
In den großen pazifischen Seeschlachten des Zweiten Weltkriegs erwies sich die Überlegenheit der Flugzeugträger, die damit das Schlachtschiff als wichtigste Waffe im Seekrieg ablösten. Die Japaner besaßen mit der »Musashi« und der »Yamoto« die beiden größten Schlachtschiff e der Welt. Die »Musashi « sank in der Schlacht in der Leyte-Bucht Ende 1944 nach 19 Torpedotreffern. Zur Verteidigung von Okinawa lief im Februar 1945 die »Yamato« aus. Dieser Einsatz markierte den Schlusspunkt in der Geschichte des Schlachtschiff es. Die »Yamato« wurde von amerikanischen Trägerflugzeugen innerhalb kürzester Zeit versenkt.
Quelle: DER GROSSE PLOETZ ATLAS ZUR WELTGESCHICHTE, 2009, Verlag Vandenhoeck & Ruprecht