Dolchstoßlegende und Machtergreifung
Bereits der Erste Weltkrieg hatte gezeigt, dass Krieg nicht mehr nur das Aufeinanderprallen von Armeen bedeutet, sondern dass die Nationen, also auch die Heimatgebiete mit der Zivilbevölkerung, den Krieg als Ganzes auszufechten hatten. In Deutschland, wo konservative und radikale Kräfte die »Dolchstoßlegende« propagierten und somit die Schuld an der Niederlage dem angeblichen Versagen der Heimatfront zuschrieben, wurde die Vorstellung vom »Totalen Krieg« besonders intensiv verbreitet. Dementsprechend setzten die Nationalsozialisten nach der Machtergreifung 1933 eine gewaltige Mobilisierungskampagne in Gang, die insbesondere auch die Wirtschaft erfasste.
Autarkie und Aufrüstung
Aus der Erkenntnis, dass man im Kriegsfall, wie schon ab 1914, eine britische Seeblockade zu erwarten hatte, versuchte man Deutschland so krisenfest wie möglich machen. Das Stichwort hierfür lautete »Autarkie«. Das Deutsche Reich sollte möglichst unabhängig von Importen und Nahrungsmittellieferungen werden. Dazu inaugurierte man Spar- und Rohstoffsammelprogramme, installierte ein wirtschaftliches Hegemonialgebiet in Südosteuropa und versuchte, Ersatzrohstoffe (z. B. Kraftstoff durch Kohleverflüssigung) zu gewinnen. Doch reichten diese Maßnahmen allein nicht aus – sie waren teils sogar kontraproduktiv, da die Wirtschaft bereits international vernetzt war und größere Eingriffe nicht vertrug. Die gewaltige Aufrüstung zehrte überdies alsbald an den Währungs- und Goldreserven. Der Gewaltkurs Deutschlands wäre in den Grenzen von 1937 nicht über längere Zeit durchzuhalten gewesen. Daher kam alles darauf an, die Nachbarn rasch zu besiegen und ihre Ressourcen nutzbar zu machen.
Schnelle Erfolge in den Blitzkriegen
Der Plan ging zunächst auf. Die schlecht gerüsteten Polen und Franzosen sowie später auch große Teile Russlands wurden überfallen und danach regelrecht ausgeplündert. Das »Blitzkriegs«-Konzept und die wirtschaftliche Dimension wirkten ineinander. In den folgenden fünf Kriegsjahren flossen riesige Ströme an Menschen und Material in die deutsche Kriegsproduktion. Das Deutsche Reich hätte den Krieg ohne diese Ressourcen nie so lange durchstehen können. Es entstand ein riesiger Kontinentalblock, der einen langen strategischen Abnutzungskrieg gegen die atlantisch-asiatischen Mächte führte.
Deutsche U-Boote gegen alliierte Schlachtschiffe und Luftwaffe
Die Hauptwaffen zur wirtschaftlichen Auszehrung waren Bomber und U-Boote. Zwar setzten die Gegner beide Waffen ein, dies jedoch mit unterschiedlichem Schwerpunkt. Deutschland, das mit seinen vier Schlachtschiffen nur wenig gegen die britischen und amerikanischen Seeverbände ausrichten konnte, versuchte die britische Wirtschaft vor allem durch U-Boote zu treffen. Die Westalliierten setzten auf ihre Luftwaffen, die infolge einer langfristigen Strategieentwicklung, die vor allem auf den wirtschaftspolitischen Erkenntnissen kapitalistischer Staaten basierte, entsprechende Konzepte erarbeitet und in der Form von schweren Bombern frühzeitig auch die nötigen Kriegsmittel entwickelt hatten.
Luftkrieg gegen das Deutsche Reich
Der Luftkrieg gegen das Deutsche Reich, der sich anfangs noch in Grenzen gehalten hatte, setzte im Jahre 1942 in vollem Maße ein. Das Bomber-Command der RAF bekam im Februar 1942 mit Arthur Harris (»Bomber-Harris«) einen radikalen Vertreter des Bombenkrieges als Chef. Er legte seine Bomberstreitmacht auf Flächenangriffe fest – dies insbesondere auch auf Wohngebiete der deutschen Arbeiter. Die neue Verfahrensweise wurde zum ersten Mal in der Nacht vom 30./31. Mai 1942 ausprobiert, als mehr als 1000 Bomber Köln angriffen. In den folgenden Jahren griffen die Royal Air Force und die 8. US-Luftflotte nacheinander alle größeren deutschen Städte an und zerstörten insbesondere die Stadtkerne und die Industriegebiete. Briten und Amerikaner vereinbarten dabei eine Arbeitsteilung. Die Amerikaner mit ihren Erfahrungen im Präzisionsbombardement griffen mit Jägerunterstützung bei Tage an und bombardierten die deutsche Kriegsindustrie. Trotz großer Wiederaufbauleistungen begann der Produktionsausstoß im Laufe des Jahres 1944 zu sinken.
Der Seekrieg bis 1942
Im Seekrieg ging die größte Gefahr für Großbritannien von den deutschen U-Booten aus. Insbesondere der hochseetaugliche Typ VII C wurde in großen Stückzahlen hergestellt und machte nach Aufhebung der internationalen Prisenordnung 1939/1940 Jagd zunächst auf britische und französische, dann auf alle alliierten Handelsschiffe. Die britischen Inseln sollten so von den lebenswichtigen Nachschub-Lieferungen aus den USA abgeschnitten werden. Mit Hilfe der »Rudeltaktik« versenkte man allein 1942 über sechs Millionen BRT Schiffsraum – mehr als die Briten und Amerikaner neu bauen konnten. Die »Schlacht im Atlantik« führte die Kriegsmarine so zunächst zu großen Siegen.
Enigma – Die Wende im Seekrieg
Im Jahre 1943 verbesserten die Alliierten die taktische Gestaltung ihrer Schiffs- Geleitzüge entscheidend und führten zusätzlich zur Funkortung die Radarortung ein. Ferner gelang es ihnen, den deutschen Funkcode »Enigma« zu entschlüsseln. Durch diese Methoden konnten die alliierten Schiffs- und Flugzeugbesatzungen die U-Boote immer besser ausmachen und vernichten. In den folgenden Jahren gingen über drei Viertel aller Boote verloren. Gleichzeitig führten die Amerikaner eine neue Konstruktionsmethode für Handelsschiff e nach dem Baukastensystem ein, die »Liberty-Schiffe«. Dadurch gelang es, die Verluste durch deutsche U-Boote wettzumachen und einen großen Überschuss zu produzieren. Die Versorgung Großbritanniens aus Übersee wurde gesichert – nicht zuletzt auch dank der unerschöpfl ichen Ressourcen der USA und der Kolonien und Dominions des British Empire.
Der Bombenkrieg
Die RAF konzentrierte sich mit Nachtbombardements auf die Innenstädte und Wohngebiete. Als die meisten deutschen Städte mehr oder weniger zerstört waren, wandten sich die Briten und Amerikaner schließlich auch gegen die Transportwege im Reich. Beim Herannahen der Westfront an das Reichsgebiet griff en alliierte Jagdbomber schließlich alles an, was sich auf dem Boden bewegte.
Quelle: DER GROSSE PLOETZ ATLAS ZUR WELTGESCHICHTE, 2009, Verlag Vandenhoeck & Ruprecht