Der Zusammenbruch und Zerfall des Ostblocks

Der 1985 an die Macht gekommene Generalsekretär der KPdSU, Michail Gorbatschow verkündete ein »neues Denken«, das fortan die sowjetische Außenpolitik beherrschen sollte. Seit April 1986 gestand er in mehreren öffentlichen Reden jedem sozialistischen Land die Freiheit zu, seinen »eigenen Weg« zu gehen. Dieses Aufgeben der Breschnew-Doktrin gilt allgemein als Anfang vom Ende des Ostblocks.

Der Zerfall des Ostblocks
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Wie ein Lauffeuer verbreitete sich das »neue Denken« in den Staaten des Ostblocks, aber auch in den Teilrepubliken der Sowjetunion, die einstmals selbst souveräne Staaten gewesen waren und die während des Zweiten Weltkriegs von der Sowjetunion okkupiert worden waren, wie die baltischen Staaten.

In den Staaten des Warschauer Paktes erhielten die früher brutal unterdrückten Protestbewegungen nun massenhaften Zulauf, und zum Ende des Jahres 1989 verdichteten sich die Proteste in den Hauptstädten, aber auch in den Provinzen des Ostblocks derart, dass überall die kommunistischen Regierungen stürzten. Auf ein Eingreifen der Sowjetunion zur Stützung der Regime wie 1953 in Berlin, 1956 in Budapest oder 1968 in Prag konnte nun niemand mehr hoffen – zu offenkundig hatte Gorbatschow schon mehrmals erklärt, dass dieser Fall nicht eintreten werde: Die Breschnew-Doktrin war Geschichte.

Solidarnosc, die samtene Revolution und der Fall der Berliner Mauer

In Polen fanden bereits das ganze Jahr 1989 über Massendemonstrationen der Gewerkschaft Solidarnosc des Friedensnobelpreisträgers Lech Walesa statt, am 24. August ging Tadeusz Mazowiecki von der Solidarnosc als Sieger aus den ersten freien Wahlen hervor. Die »samtene Revolution« in der Tschechoslowakei machte am 5. Juli 1989 den Dramatiker Vaclav Havel zum Staatspräsidenten. Die Grenzöffnung Ungarns nach Österreich für DDR-Bürger am 11. September war das Fanal für den Zusammenbruch der DDR und die deutsche Wiedervereinigung. Nach der Auflösung der kommunistischen Partei Ungarns ging am 25. März 1990 Jozef Antall als Sieger aus den ersten freien Wahlen hervor. Der Fall der Berliner Mauer, des Symbols des Kalten Krieges, stellte am 9. November 1989 einen Höhepunkt des Prozesses dar.

Ost- und Südosteuropa nach dem Ende der Sowjetunion

In Bulgarien trat am 10. November 1989 Staats- und Parteichef TODOR SCHIWKOW zurück, die Wahlen vom 3. Februar 1990 gewann ANDREJ LUKANOW. Eine Ausnahme stellte die Entwicklung in Rumänien dar, weil es hier zu größeren Gewaltaktionen kam. Am 21. Dezember griff der rumänische Geheimdienst Securitate in Bukarest eine Massendemonstration an und richtete ein Blutbad mit 500 Toten an. Am Folgetag wurde Diktator CEAUCESCU gestürzt und nach einem missglückten Fluchtversuch gemeinsam mit seiner Ehefrau am 25. Dezember standrechtlich erschossen. Obwohl nicht zum Ostblock gehörend, erfassten die Ereignisse auch das kommunistische Jugoslawien. Hier kam es allerdings zu einem langen, blutigen Zerfallsprozess

Die baltischen Staaten nach dem Ende der Sowjetunion

Auch in den baltischen Staaten hatten bereits seit den frühen 1980er-Jahren nationale Protestbewegungen gegen die sowjetische Herrschaft existiert. Sie verdichteten sich 1989 zu einer Freiheits- und Unabhängigkeitsbewegung, die am 23. August in einer Menschenkette zwischen den drei Hauptstädten einen massenwirksamen Ausdruck fand. Bereits im Frühjahr 1990 beschlossen die drei Parlamente nacheinander die staatliche Unabhängigkeit. Die Sowjetmacht reagierte auf diese Entwicklung schließlich im Januar 1991 mit Gewaltaktionen in Riga und Vilnius. Die Antwort bestand im Februar und März aus Volksabstimmungen, in denen sich alle drei Staaten für die Unabhängigkeit entschieden.

Quelle: DER GROSSE PLOETZ ATLAS ZUR WELTGESCHICHTE, 2009, Verlag Vandenhoeck & Ruprecht

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