Der Zerfall Jugoslawiens

Nach dem Tod von Josip Broz Tito am 4. Mai 1980 offenbarte sich schnell die latente Krise Jugoslawiens. Staatsoberhaupt wurde das »Staatspräsidium«, ein kollektives Führungsorgan mit jährlich wechselndem Vorsitz. Maßnahmen zur Stabilisierung der Außenwirtschaftsbilanz griffen nicht, die Inflationsrate von bis zu 40 Prozent beschleunigte den Zusammenbruch des Binnenmarktes, den auch die sich übereilenden Wirtschaftsprogramme nicht mehr aufhalten konnten.

Der Zerfall Jugoslawiens
© Pixabay

Die Verschlechterung der Wirtschaftslage senkte den Lebensstandard und verstärkte die ohnehin latent stets vorhandenen ethnischen Zentrifugalkräfte. Unruhen im Kosovo wurden bereits 1981 gewaltsam unterdrückt.

Nationalismus in den jugoslawischen Teilrepubliken

Im Mai 1989 kam der serbische Nationalpopulist Slobodan Milosevic in Belgrad an die Macht, in allen Teilrepubliken verstärkten sich nationalistische Tendenzen. Am 7. September 1989 begann mit der Ausrufung der »Republik Kosovo« durch die muslimischen Kosovo-Albaner der Zerfall des 1919 unter serbischer Hegemonie aus den Trümmern des Habsburgerreiches hervorgegangenen Vielvölkerstaates. Die Ursachen für die Auflösung Jugoslawiens und die sie begleitenden Kriege sind vielfältig. Eine Rolle spielte das Ende des Ost-West-Konfliktes ebenso wie der wieder auflebende Nationalismus und Feindbilder aus der Endphase des Zweiten Weltkriegs. Auch nationale, ethnische und konfessionelle Spannungen zwischen orthodoxen Serben, katholischen Kroaten und muslimischen Bosniern und Albanern sowie die heterogene wirtschaftliche und soziale Entwicklungen in den sechs Teilrepubliken und autonomen Provinzen kamen hinzu, der Ehrgeiz einzelner Machtpolitiker verschärfte die Situation noch.

Der jugoslawische Nachfolgekrieg

Phasen und Schauplätze des jugoslawischen Nachfolgekriegs waren Ende Juni/Anfang Juli 1991 der Krieg in Slowenien, dann Ende Juni 1991 − Januar 1992 und Mai − August 1995 der Krieg in Kroatien, von April 1992 − November 1995 der Krieg in Bosnien-Herzegowina und schließlich von März 1998 − Juni 1999 der Krieg im Kosovo, der schließlich ab März 1999 die NATO zum Eingreifen veranlasste. Sie erzwang durch massive Luftangriffe auf serbische Städte innerhalb von drei Monaten ein Ende des Krieges und der massenhaften, euphemistisch als »ethnische Säuberungen« bezeichneten brutalen Vertreibung der muslimischen Bevölkerung aus dem Kosovo.

Vorreiter Slowenien

Als erste Teilrepublik Jugoslawiens wurde am 25. Juni 1991 Slowenien unabhängig. Nach der Anerkennung durch die internationale Staatengemeinschaft und der Aufnahme in die UNO im Mai 1992 wurde Slowenien als bisher einziger Nachfolgestaat Jugoslawiens im Jahre 2004 in die NATO und in die EU aufgenommen. Kroatien gilt hingegen als potenzieller Beitrittskandidat für die EU, NATO-Mitglied wurde das Land am 1. April 2009.

Quelle: DER GROSSE PLOETZ ATLAS ZUR WELTGESCHICHTE, 2009, Verlag Vandenhoeck & Ruprecht

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