Novemberrevolution 1918
In der Novemberrevolution 1918, die im Februar 1919 verebbte, verhinderten die Mehrheitssozialisten (SPD) unter Führung Friedrich Eberts im Zusammengehen mit der Heeresleitung (Wilhelm Groener) und den Spitzen der Verwaltung ein gesellschaftliche Umwälzung nach dem Vorbild des revolutionären Russlands. Das abschreckende Beispiel der bolschewistischen Oktoberrevolution, ein weit verbreitetes Bedürfnis nach Ruhe und Ordnung, die relative Stabilität wichtiger Stützen der alten Ordnung und die Notwendigkeit, überwältigende aktuelle Probleme – insbesondere der Ernährung – zu lösen, verfehlten ihre Wirkung nicht, zumal sich die vorrangige Frage nach einem vertretbaren Friedensschluss rasch als unlösbar erwies.
Versailler Vertrag und Dolchstoßlegende diskreditieren Weimarer Republik
Der Versailler Vertrag wurde nicht nur wegen seiner teilweise rigiden Bestimmungen zur Hypothek der jungen Republik, sondern auch aufgrund der damit verbundenen Anerkennung der Kriegsschuld und der Verweigerung der internationalen Gleichberechtigung. Die mangelnde Bereitschaft der Rechten und des Militärs, die von der Koalitionsregierung aus SPD und Zentrum mangels jeder Alternative eingegangene Annahme des Vertrags zu respektieren und die militärische Niederlage als unkorrigierbar anzuerkennen, trug maßgeblich dazu bei, die Weimarer Republik zu diskreditieren. Die u. a. von Hindenburg und Ludendorff wider besseres Wissen verbreitete Dolchstoßlegende, wonach die Revolution der unbesiegten Frontarmee in den Rücken gefallen sei, fand angesichts der Diskrepanz zwischen Nationalstolz, Kriegspropaganda und militärischen Erfolgen einerseits und dem raschen Zusammenbrechen der Front andererseits weithin Glauben und vergiftete die Atmosphäre nachhaltig.
Reparationen und Inflation
Unter den finanziellen Kriegsfolgen waren die von den Siegern auferlegten Reparationen weniger wirksam als die von der Kriegsfinanzierung durch Anleihen verursachte Entwertung des Geldes. Kriegsfolgelasten aller Art überlasteten den Etat, der in die weitere Kreditierung, in diesem Falle also in die Beschleunigung der Inflation, auswich, um den Staatsbankrott zu vermeiden. Insbesondere mittelständische Unternehmer, kleine Selbstständige und von der erstmals auftretenden Massenarbeitslosigkeit betroffene Arbeitnehmer wandten sich – in erster Linie auf Kosten der Parteien der bürgerlichen Mitte – bald von der Republik ab.
Probleme der Weimarer Republik
Diese außenpolitischen, finanziellen, wirtschaftlichen und sozialen Kriegsfolgen hatten mit der Entstehung des demokratischen Staates nichts zu tun, wurden ihm jedoch nicht nur von ehemaligen politisch-gesellschaftlichen Machtträgern des Kaiserreiches angelastet. Diese und andere Kriegsfolgen erwiesen sich als Dauerprobleme, deren Folgen die Republik bis zu ihrem Ende begleiteten. Dazu kamen schwere strukturelle Mängel in der Reichsverfassung – wie etwa das Fehlen einer Sperrklausel für den Einzug in den Reichstag –, die es den Gegnern der Republik leicht machten, diese von innen heraus auszuhöhlen und schließlich im politischen Kampf der Links- und Rechtsextremisten zu zerstören.
Die Reichskanzler der Weimarer Republik – Jahreszahl und Dauer der Amtszeit
- Philipp Scheidemann, SPD, 1919, 130 Tage
- Gustav Bauer, SPD, 1919/20, 277 Tage
- Hermann Müller, SPD, 1920, 76 Tage
- Konstantin Fehrenbach, Zentrum, 1920/21, 313 Tage
- Joseph Wirth, Zentrum, 1921, 165 Tage
- Joseph Wirth, Zentrum, 1921/22, 384 Tage
- Wilhelm Cuno, parteilos, 1922/23, 263 Tage
- Gustav Stresemann, DVP, 1923, 51 Tage
- Gustav Stresemann, DVP, 1923, 48 Tage
- Wilhelm Marx, Zentrum, 1923/24, 177 Tage
- Wilhelm Marx, Zentrum, 1924/25, 195 Tage
- Hans Luther, parteilos, 1925/26, 223 Tage
- Hans Luther, parteilos, 1926, 111 Tage
- Wilhelm Marx, Zentrum, 1926/27, 215 Tage
- Wilhelm Marx, Zentrum, 1927/28, 498 Tage
- Hermann Müller, SPD, 1928 − 30, 637 Tage
- Heinrich Brüning, Zentrum, 1930/31, 556 Tage
- Heinrich Brüning, Zentrum, 1931/32, 233 Tage
- Franz von Papen, Zentrum/parteilos, 1932, 170 Tage
- Kurt von Schleicher, parteilos, 1932/33, 55 Tage
Die Wirtschaftsentwicklung 1928 − 1937 - Bruttosozialprodukt
- 1929: 89 Mrd. Reichsmark
- 1932: 58 Mrd. Reichsmark
- 1933: 59 Mrd. Reichsmark
- 1934: 67 Mrd. Reichsmark
- 1935: 74 Mrd. Reichsmark
- 1936: 83 Mrd. Reichsmark
- 1937: 93 Mrd. Reichsmark
Rüstungsausgaben - Anteil am Bruttosozialprodukt
- 1929: 1,0 %
- 1932: 1,0 %
- 1933: 3,0 %
- 1934: 6,0 %
- 1935: 8,0 %
- 1936: 13,0 %
- 1937: 13,0 %
Gewerbliche Gütererzeugung - Index 1928 = 100
- 1928: 100
- 1929: 100,9
- 1932: 58,7
- 1933: 65,5
- 1934: 83,3
- 1935: 95,8
- 1936: 106,7
- 1937: 116,7
Quelle: DER GROSSE PLOETZ ATLAS ZUR WELTGESCHICHTE, 2009, Verlag Vandenhoeck & Ruprecht