Der Beginn der Neuzeit – Die Welt um 1500

Die Zeit um 1500 gilt auch und gerade im Blick auf das Ausgreifen Europas in die Welt als Beginn der Neuzeit.

Der Beginn der Neuzeit – Die Welt um 1500
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Die Handelsbeziehungen von Europäern mit Asien und Nordafrika waren hingegen keineswegs neu: Schon im Mittelalter betrieben v. a. die oberitalienischen Seerepubliken Venedig und Genua Seefahrt und Handel mit asiatischen Gewürzen und Luxusartikeln. Seit dem 15. Jahrhundert bezog Portugal Sklaven und vor allem Gold aus Nordafrika. Abgewickelt wurde der Handel von zahlreichen Zwischenhändlern, deren Anteil am Gewinn die Waren verteuerte. Ein direkter Kontakt zu den Quellen bestand nicht. Das änderte sich mit den Entdeckungen um 1500. Die Europäer drangen jetzt selbst bis in die Erzeugerregionen vor und waren von nun an vor Ort präsent. Durch die Ausschaltung der Zwischenhändler nahm die Verflechtung zwischen den Regionen der Welt zu. Die ökonomisch motivierten Entdeckungsfahrten hatten ihren unmittelbaren Grund in der zunehmenden Bedrohung der Landhandelswege. Entscheidend waren die Ausdehnung des Osmanischen Reiches und der Fall Konstantinopels im Jahre 1453. Die Osmanen belegten die Waren der arabischen Händler mit zusätzlichen Zöllen, was die Luxusgüter aus Asien erheblich verteuerte. Dies förderte die Suche nach Handelswegen, mit denen der muslimisch kontrollierte Nahe Osten mit seinen schmalen Landbrücken zwischen Mittelmeer und Indischem Ozean umgangen werden konnte. Gleichzeitig mussten neue Goldquellen erschlossen werden, da das Edelmetall zunehmend in den Asienhandel abfloss und in Europa immer seltener wurde. Besonders betroffen von dieser Goldverknappung waren Portugal und Spanien, die im Unterschied zum Rest Europas eine reine Goldwährung besaßen. Der Entwicklung konnte man mit Münzverschlechterungen nicht mehr Herr werden, sodass Portugal seit 1415 versuchte, direkten Kontakt zu den westafrikanischen Goldquellen zu gewinnen. Unter Heinrich dem Seefahrer (1394–1460) errichtete Portugal ein Handelsimperium mit innovativen Produktions- und Organisationsformen, etwa den Anbau von Zuckerrohr und Rebstöcken durch schwarzafrikanische Sklaven auf Madeira. Heinrichs Nachfolger übernahmen die von ihm entwickelten Methoden bei der handelspolitischen Erschließung Asiens mit Erfolg. Die Spanier übernahmen das portugiesische Modell der staatlich finanzierten Entdeckungsfahrt.

Die großen Entdeckungsfahrten des 15. und 16. Jahrhunderts

Die großen Entdeckungsfahrten gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurden durch mehrere Faktoren ermöglicht. Die oberitalienischen Seestädte lieferten das technische Wissen, Personal und das Kapital, die iberischen Monarchien Portugal und Spanien organisierten und dirigierten die planmäßige Erkundung der Welt. Die Ressourcen und Organisationskapazitäten entwickelter Flächenstaaten ermöglichten die Fahrten, deren materieller Gewinn sich aus lukrativen Handelsmonopolen für die jeweilige Krone ergab. Ziel der Erkundungsfahrten war die Umgehung des Zwischenhandels bei außereuropäischen Waren. Die Suche nach dem Seeweg nach Indien, um direkt mit den Erzeugern der begehrten Produkte in Verbindung zu treten, mündete 1488 in die erste Umsegelung Afrikas, womit die östliche Route gefunden und die in muslimischer Hand befindlichen Handelsrouten Kleinasiens und des Nahen Ostens umgangen waren. Der Versuch, die Westroute zu finden, führte 1492 zur Entdeckung Amerikas durch Kolumbus. Möglich wurden diese Fahrten erst durch Innovationen in Schiffbau und Navigation. Mit dem neuen Schiffstyp der Karavelle waren Hochseefahrten möglich geworden, wenngleich Karavellen mit 100 Tonnen Tragfähigkeit nach heutigen Maßstäben beängstigend klein wirken. Die größere Karacke wurde schließlich mit etwa 500 Tonnen Last das Hauptschiff der Entdeckungsfahrten. Die zugrunde liegenden geographischen Vorstellungen waren seit der Antike bekannt gewesen und wurden im Humanismus wiederentdeckt. Dies gilt besonders für die Kugelgestalt der Erde, die im 15. Jahrhundert nicht mehr strittig war. Gleichzeitig wurde der Magnetkompass ebenso wie astronomische Instrumente, mit denen man die nautische Breite berechnen konnte, üblich. In Spanien war 1492 mit der Einnahme Granadas die Reconquista beendet worden. Die im Kampf gegen die Mauren aktiven Gruppen, besonders aus den Reihen des kleinen Adels, fanden in der Eroberung der Neuen Welt ein neues, Aufstieg, Reichtum und Prestige versprechendes Projekt. Durch das Eindringen der Spanier in das portugiesische Entdeckungsmonopol wurde eine Interessenabgrenzung erforderlich, die im Vertrag von Tordesillas 1494 erfolgte. In dieser Vereinbarung wurde die Orientierung Portugals nach Osten und die Spaniens nach Westen angelegt. Die »Demarkationslinie« verlief durch den Osten Südamerikas, weshalb Brasilien portugiesisch wurde.

Nordamerika zu Beginn der Kolonisation

Nordamerika wird in elf Kulturareale gegliedert, denen der Zustand der ersten ethnografischen Erforschung zugrunde liegt. Die jeweiligen Gebiete zeichnen sich durch eine gewisse Homogenität des Lebensraumes aus, was auch bei Angehörigen unterschiedlicher indianischer Sprachgruppen zu ähnlichen Anpassungs- und Nutzungsstrategien führte. Gleichzeitig kann eine Sprachfamilie, wie z. B. das Athabascan, in unterschiedlichsten Kulturarealen von der Subarktis bis hinunter in den Südwesten Nordamerikas beheimatet sein. Im Norden des Kontinents dominierten Gesellschaften, die sich hauptsächlich von der Jagd ernährten. Die klimatischen Bedingungen erlaubten Ackerbau und Sesshaftwerdung im östlichen Waldland, dem Südosten, den Great Plains und dem Südwesten. Die Bedingungen des Plateaus und des Großen Beckens schränkten aufgrund des teilweise wüstenhaften Charakters Bodenbewirtschaftung ein. Mit der Ankunft der Europäer an der Ostküste traten sie mit den einheimischen Indianervölkern in Konkurrenz um die Siedlungsgebiete, natürliche besonders um solche, in denen sie die besten Wirtschaftsbedingungen vorfanden. Die ackerbauenden Algonkin und Irokesen des östlichen Waldlandes wurden in kurzer Zeit dezimiert, abgedrängt oder assimiliert, ebenso die gleichfalls sesshaften Stämme des Südostens, von denen die Cherokee eine der wenigen indianischen Schriftsprachen entwickelt hatten. Je länger die Europäer brauchten, um in eine Region vorzudringen, desto länger konnte sich die Kultur und Sprache der dort siedelnden Indianer halten – in für Europäer kaum nutzbaren Regionen wie der Arktis in den Traditionen der Inuit z. T. bis heute. Doch auch ohne direkten Kontakt veränderte die Ankunft der Europäer die Indianerkulturen nachhaltig. Die Nutzung des Pferdes verbesserte die Jagdmöglichkeiten auf den Bison in den Great Plains. Bis 1750 hatte sich dort eine auf der Bisonjagd beruhende, voll integrierte Lebensweise ausgebildet, der sich sogar die ursprünglich ackerbauenden Sioux und Algonkin sprechenden Stämme anschlossen. Diese Kultur brach jedoch durch die Europäer um 1850 zusammen.

Die Reiche der Maya und Azteken

In der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts blühten die Städte im nördlichen Maya-Tiefland auf und neue wurden gegründet. Kunst, Kultur und Wissenschaft erreichten neue Höhen und prägen bis heute unser Bild von den Maya. Besonders der komplexe Kalender und die inzwischen entschlüsselte Schrift zeugen vom hohen Wissensstand der Kultur. Die Hochphase reichte von 600 bis 800; in diesem Zeitraum wurden Pyramiden und Ahnentempel durch Überbauung immer weiter vergrößert, und die Hauptstadt Tikal scheint mehr als 10.000 Einwohner gehabt zu haben. Das Maya-Tiefland war um 1200 nur noch sehr dünn besiedelt, doch bildeten sich hier trotzdem 16 unabhängige Kleinstaaten. Im Maya-Hochland entstanden verschiedene Kriegerstaaten mit bäuerlicher Bevölkerung. Der Herrschaftssitz des mächtigsten Staats der Quiché war Utatlán. Die Cakchiquel herrschten in Iximché, die Rabinaleb in Rabinal, die Mam in Zaculeu und die Tztujil in Tzinaja.

In das mexikanische Hochland fielen im 13. Jahrhundert zunehmend Nahuatl sprechende Stämme ein, zu denen auch die Azteken gehörten. Als Hilfstruppen Colhuacans erhielten sie Siedlungsrecht, überwarfen sich aber mit ihren Oberherren und gründeten nach ihrer Flucht Tenochtitlan auf Inseln im See von Tetzcoco. Eigentlich tepanekische Vasallen, eroberten sie 1430 die Tepaneken-Hauptstadt Azcapotzalco, beenden deren Vorherrschaft und traten im Dreibund mit Tezcoco und Tlacopan die Nachfolge als Vormacht an. Das Dreierbündnis hatte bis zur spanischen Eroberung Bestand und vollendete die Unterwerfung und Befriedung des mexikanischen Hochtals. Im Jahre 1519 landeten die Spanier unter Hernán Cortés (1485–1547) in Veracruz und kämpften sich bis Tenochtitlan vor, wo sich zu diesem Zeitpunkt rund 300.000 Menschen aufgehalten haben. Hier wurde Herrscher Motecuhzoma von seinen eigenen Leuten erschlagen, weil sie seinen Kooperationskurs mit den Spaniern nicht billigten. Die eingeschleppten Pocken und andere Seuchen dezimierten nicht nur die aztekischen Streitkräfte, sondern töteten auch den erfolgreich Widerstand leistenden Nachfolger Motecuhzomas. Der letzte Aztekenherrscher Quauhtemoc (ca. 1496–1525) ergab sich am 13. August 1521, 1525 wurde er gehenkt.

Das Reich der Inka

Politisch war das Andenhochland um 1100 in mehrere Kleinreiche zerfallen. Unter diesen Kleinstaaten gewannen die im Tal von Cuzco sitzenden Inka allmählich die Vormachtstellung. Gesicherte Quellen setzen allerdings erst um die Mitte des 15. Jahrhunderts ein.

Die Inka herrschten über einen straff organisierten, zentralisierten Staat. An der Spitze stand der als Sohn der Sonne göttlich verehrten Herrscher, Sapay Inka (= Oberster Inka), der zur Reinerhaltung des Blutes eine inzestuöse Ehe mit einer Schwester einging. In der streng hierarchischen Gesellschaftsordnung bildeten die Inka die privilegierte Herrenkaste. Für niedere Verwaltungsfunktionen wurde auch der Adel unterworfener Völker herangezogen. Genaue Vorschriften regelten das Leben der Adligen, Gemeinfreien, Hörigen und Sklaven. Die Inka strebten eine politische und kulturelle Verschmelzung der verschiedenen Völker und Kulturen an. Sie siedelten ganze Stämme um und zwangen unterworfenen Völkern die Inka-Sprache (Quechua) und den Inka-Sonnenkult auf. Daneben durften die Unterworfenen ihre eigenen Sprachen und Götter vorläufig behalten, doch sollten sie allmählich verschwinden.

Grund und Boden waren Gemeindeeigentum. Ein Teil der Ernte wurde gesammelt, zentral gespeichert und bei Missernten an Notleidende verteilt. Die Dorfgemeinschaft musste für die Alten und Kranken sorgen. Bergwerke und Coca-Plantagen befanden sich im Staatsbesitz. Die Einführung besonderer Werkstätten, in denen ausgesuchte Personen unter strenger Aufsicht für den Inka arbeiteten, darf wohl als Vorform einer Produktionsgenossenschaft bezeichnet werden, doch überwogen das private Handwerk und der von Privatleuten betriebene Handel. Der Arbeitseinsatz für gemeinnützige Aufgaben erfolgte planmäßig. Oft wurde Handwerkern die Lieferung bestimmter Erzeugnisse vorgeschrieben.

Mitten in einem Thronstreit zwischen den Brüdern Waskar und Ata Wallpa landete im Jahre 1533 der spanische Conquistador Francisco Pizarro (1478–1541). Ihm gelang die Gefangennahme Ata Wallpas, und nach dessen öffentlicher Hinrichtung unterwarf sich das Inkareich fast widerstandslos.

Die Kolonisierung Mittelamerikas

Die aktive Phase der iberischen Expansion dauerte bis zum Ende des 16. Jahrhunderts. Danach ging die Initiative zu weiteren Vorstößen in die kolonialen Binnenregionen weitgehend von den kolonialen Zentralverwaltungen Portugals und Spaniens aus. Eine Triebfeder war die Entdeckung eines Weges nach Indien. Von Spanien eingerichtete Vizekönigtümer und Gouvernements standen dem portugiesischen Generalgouvernement in Brasilien gegenüber. Daneben wurde die Kirchenorganisation zur Verdichtung und Stabilisierung der Herrschaft in den eroberten Gebieten sowie zur Ausbeutung der Ureinwohner genutzt. Im Jahr 1508 hatte Papst Julius II. (1453–1513) König Ferdinand II. von Spanien (1452–1516) und dessen Nachfolgern die Patronatsrechte über die amerikanische Kirche übertragen. Damit erhielt die spanische Krone das Recht, Bistumsgrenzen festzulegen, die Kandidaten für Bischofssitze und andere kirchliche Würden vorzuschlagen sowie über die Verteilung des Kirchenzehnten zu entscheiden. Es waren aber auch Kirchenvertreter, die die Versklavung, Ausbeutung und Misshandlung der Indios anprangerten. Nachdem schon Königin Isabella die Versklavung der Ureinwohner verboten hatte, führte dies 1512 zu den Gesetzen von Burgos, durch welche die persönlichen Freiheitsrechte der Ureinwohner geregelt wurden. Der dramatische Rückgang der indigenen Bevölkerung durch Kriege und eingeschleppte Seuchen hatte zu einem Mangel an Arbeitskräften geführt, zu dessen Behebung Sklaven aus Schwarzafrika eingeführt wurden. Von den karibischen Inseln aus expandierten die Europäer auf das mittel- und zentralamerikanische Festland. Durch den Vertrag von Tordesillas im Jahr 1494 war durch Schiedsspruch des Papstes Nord-, Mittel- und Südamerika an Spanien gefallen, Ausnahme war das portugiesische Brasilien. Träger der aus den Kolonien selbst erfolgenden Expansionsbewegungen waren in der Regel bereits dort gebürtige Personen unterschiedlicher ethnischer Herkunft. Kolonisationsunternehmen wurden durch Privilegien von der Krone legitimiert und privatwirtschaftlich organisiert und durchgeführt. Ein Beispiel ist die Kolonisation Venezuelas durch die Augsburger Welser, die allerdings im Jahr 1545 als Unternehmen scheiterte. Die Tauschhandelsfahrt des Hernán Cortes (1485–1547) weitete sich nach der Gründung von Veracruz im Jahr 1519 zur Eroberung des Aztekenreiches aus, wodurch Mexiko, der Isthmus von Panama und später Peru ins Zentrum des Interesses rücken. Die neuen Gebiete übten einen starken Sog auf Nachrücker aus dem spanischen Mutterland und aus der bereits kolonisierten Karibik aus.

Quelle: DER GROSSE PLOETZ ATLAS ZUR WELTGESCHICHTE, 2009, Verlag Vandenhoeck & Ruprecht

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