Der Pastor der First Baptist Gemeinde aus Dallas, Robert Jeffress, gehörte zu den ersten einflussreichen Evangelikalen, die Donald Trump 2016 unterstützt hatten. Diesmal hat er es nicht eilig, den abgewählten Präsidenten als Kandidaten der Republikaner aufs Schild zu heben. Stattdessen hieß der Prediger kürzlich Mike Pence in seiner Gemeinde willkommen. Offiziell für eine Vorstellung dessen Memoiren mit dem Titel "So Help Me God".
Aus selbem Grund trat Trumps ehemaliger Vizepräsident zuletzt auch in Houston, Miami, Naples, New York und anderen evangelikalen Megakirchen in den USA auf. Wohl ein deutlicher Hinweis dafür, dass Pence, der eine Ikone der christlichen Rechten ist, selbst Ambitionen für die kommenden Wahlen hat. Trump hatte ihn 2016 als "Running Mate" ausgewählt, um seine Unterstützung bei den Evangelikalen zu zementieren.
Mit Erfolg: Bei seiner Wahl ins Weiße Haus holte Trump mehr als drei von vier Stimmen der Evangelikalen (77 Prozent). Vier Jahre später kam er sogar auf 84 Prozent. Dass es nun ausgerechnet an der Basis seiner treuesten Wähler bröckelt, treibt den Ex-Präsidenten um. Denn die Evangelikalen machen bei den Vorwahlen der Republikaner etwa die Hälfte der Stimmen aus. Nach dem Auftritt seines in Ungnade gefallenen Rivalen in der "First-Baptist"-Megachurch, empörte sich Trump öffentlich über Pastor Jeffress, der bei seiner Amtseinführung noch für ihn gebetet hatte.
In einem Interview hielt er Jeffress und anderen führenden Evangelikalen, die seine im November erklärte Kandidatur bisher nicht unterstützt haben, "fehlende Loyalität" vor. "Niemand hat jemals so viel für das Recht auf das Leben getan", betonte der Ex-Präsident. Dann hielt er der christlichen Rechten vor, mit für das Debakel der Republikaner bei den Zwischenwahlen im November verantwortlich zu sein. Das Abtreibungsthema sei "traurig" gehandhabt worden, "speziell von denen, die fest darauf bestanden haben, dass es keine Ausnahmen, selbst bei Vergewaltigung, Inzest, oder Gefahr für das Leben der Mutter geben soll".
Jeffress ließ die Kritik an sich abperlen. Er sei einer der lautstärksten und sichtbarsten Unterstützer Trumps gewesen. Er habe das Gefühl, dass es noch viel zu früh in dem Prozess sei. "Es könnte ein Zeitpunkt kommen, an dem eine Unterstützung nützlicher ist als jetzt."
Gewiss nicht aus Sicht des Ex-Präsidenten, dessen Kalkül einer frühen Ankündigung seiner Kandidatur darin bestand, potenziellen Konkurrenten das Wasser abzugraben. Eine Strategie, die nach dem schwachen Abschneiden der von Trump handverlesenen Kandidaten bei den "Midterms" im November wie ein Bumerang zurückkam.
Dass Trump nun Abtreibungsgegner in der Partei für die Pleite verantwortlich macht, kommt bei der christlichen Rechten nicht gut an. "Er wirft den treuesten Wählerblock der Konservativen unter den Bus", empört sich Bob Vander Plaat, der über erheblichen Einfluss unter den Evangelikalen im Bundesstaat Iowa verfügt, der als Erster bei den Vorwahlen der Partei abstimmt. "Sie halten nach einem Erwachsenen Ausschau", geht Vander Plaat den Ex-Präsidenten an. "Die evangelikale Stimme 2024 ist bei Weitem nicht vergeben."
Für diese Einschätzung spricht, dass auch Trumps ehemalige Koordinatorin der Beziehungen zur evangelikalen Bewegung im Weißen Haus, Paula White, auf Tauchstation gegangen ist. Ausdrücklich nicht festlegen will sich Franklin Graham, der Sohn des legendären Volkspredigers Billy Graham, der 2016 noch ein großer Fan Trumps war.
Die Liste der potenziellen Rivalen wird von Tag zu Tag länger. Neben Pence laufen sich Ex-Außenminister Mike Pompeo, die ehemalige Gouverneurin von South Carolina, Nikki Haley, und der Gouverneur des Sonnenstaats Florida, Ron DeSantis für eine mögliche Kandidatur warm.
Vor allem DeSantis fliegen dabei die Herzen der Evangelikalen zu. Was ihn zur Zielscheibe Trumps macht, der ihn "DeSanctimonious" (dt. Scheinheiligen) nennt. Auch das kommt nicht gut an, beobachtet Dan Carr, Pastor an der Slidell Community Baptist Church in Louisiana in seiner Gemeinde. Trump liege immer noch vorn, aber DeSantis sei ihm dicht auf den Fersen, gefolgt von Pence. Der Ex-Präsident tue sich mit den Angriffen auf andere Republikaner keinen Gefallen. "Langsam, aber sicher, ekelt er die Leute damit weg."
Von Thomas Spang
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