FriedensoffensiveBeruhigung in Kiew und Rückenwind aus Peking

An zwei Fronten hat Papst Franziskus Erfolge bei seiner Ukraine-Friedensmission erzielt: In Peking kam Kardinal Matteo Zuppi einen Schritt weiter, und selbst Moskau scheint sich zu bewegen. Auch in Richtung Kiew hat sich der Papst behauptet.

Peace-Zeichen in gelb und blau
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Die am 13. September in Rom beendete Synode der griechisch-katholischen Bischöfe der Ukraine war für den Papst und den Vatikan eine ebenso wichtige wie heikle Veranstaltung. Sichtbares Zeichen: Gleich mehrere (Kurien)kardinäle – darunter Staatssekretär Pietro Parolin, der Ostkirchen-Beauftragte Claudio Gugerotti, Ökumene-Minister Kurt Koch und dann auch noch der Friedensbeauftragte Matteo Zuppi – machten den rund 50 Oberhirten aus der Ukraine und der ukrainischen Diaspora ihre Aufwartung. Und der Papst räumte eine ganze Stunde zusätzlich in seinem Terminkalender frei, um sich Kritik und Beschwerden anzuhören, die ihm die Oberhirten der größten mit ihm verbundenen Ost-Kirche vortrugen.

Die Bischöfe unter Führung des Kiewer Großerzbischofs Swjatoslaw Schewtschuk nahmen kein Blatt vor den Mund. Sie machten dem Papst klar, dass er mit seinen immer wieder missverständlichen Äußerungen in Richtung Russland fast alle Sympathien in der ukrainischen Bevölkerung verspielt habe. Insbesondere sein Lob für die Zaren Peter und Katharina und für das geistige Erbe des "großen Russlands" sei in der Ukraine als Affront und als Wasser auf die Mühlen der großrussischen Kriegspropaganda Putins verstanden worden.

Auf ganze drei Prozent Zustimmung komme Franziskus noch in der ukrainischen Bevölkerung, so die Mahnung der Ukrainer. Und durch die Blume deutete Schewtschuk in einer Predigt im Petersdom sogar an, dass es in seiner Kirche offenbar Stimmen gibt, die eine Loslösung von Rom als Konsequenz aus den russlandfreundlichen Äußerungen des Papstes in Erwägung ziehen.

Diesen Überlegungen erteilte der Großerzbischof eine feierliche öffentliche Abfuhr und erinnerte mit historischem Tremolo an die 400-jährige Leidensgeschichte seiner vom Moskauer Patriarchat stets abgelehnten Kirche, in deren Verlauf viele Ukrainer wegen der Einheit mit Rom in den Tod gegangen sind. Eine Loslösung von Rom komme gerade in der jetzigen Lage überhaupt nicht in Frage, so die Essenz seiner Ausführung.

Bei einem Pressegespräch am Tag nach dem Ende der Synode zog Schewtschuk eine positive Bilanz. Der Heilige Vater habe alle Zweifel ausgeräumt, ob er zu den Ukrainern halte, und für die Bischöfe sei es sehr wichtig gewesen, dass sie ihm die Wahrheit sagen konnten und er ihnen geduldig zuhörte. Auch für den päpstlichen Friedensbeauftragten Zuppi fand Schewtschuk lobende Worte. Der habe sich in Moskau für die humanitären Dinge eingesetzt, die seine Ukrainer ihm mit auf den Weg gegeben hätten, darunter auch das Schicksal zweier verschwundener Redemptoristenpatres.

Der Affront des Kiewer Präsidenten-Beraters Mychajlo Podoljak, der in einem TV-Interview gesagt hatte, der Vatikan könne kein Vermittler zwischen Russland und der Ukraine sein, da er zu russlandfreundlich sei und weil es "Geldanlagen aus der Russischen Föderation bei der Vatikanbank" gebe, wurde ebenfalls abgeräumt. Die ukrainischen Botschafter beim Heiligen Stuhl und in Italien versicherten Schewtschuk auf Nachfrage, dies sei eine Privatmeinung des Selenskyj-Beraters gewesen und nicht die offizielle Sicht der Regierung in Kiew.

Die zumindest vorläufige Befriedung an der kirchlichen "Heimatfront" in der Ukraine war für den Papst ein wichtiger Etappensieg in seiner nicht ganz risikofreien Friedensdiplomatie. "Seine" größte byzantinische Kirche in Osteuropa ist ein wichtiger Player in der ukrainischen Innen- und Religionspolitik, nur durch sie ist er auch in der Ukraine wirklich verankert. Der kleinere, fast völlig auf die polnischstämmige Minderheit fokussierte "lateinische" Zweig in Lwiw hat bei weitem nicht diese Bedeutung.

Fast gleichzeitig mit dieser internen Konsolidierung bei den Ukrainern gelang dem Papst auf internationalem Parkett ein vielleicht noch wichtigerer Durchbruch. Offenbar mit tatkräftiger Unterstützung von Italiens Außenminister Antonio Tajani und nach einer Charmeoffensive des Papstes bei seinem Besuch im Nachbarland Mongolei kam am 12. September die lange erwartete Einladung des päpstlichen Friedensbeauftragten Zuppi nach Peking.

Ein ausführliches Gespräch im chinesischen Außenministerium mit dem dortigen Sonderbeauftragten für den Frieden in der Ukraine, Li Hui, brachte nicht nur, wie Zuppi später in einem TV-Interview berichtete, einen fruchtbaren Austausch über die Sichtweisen Pekings und des Vatikans auf den Konflikt und seine mögliche Beilegung. Darüber hinaus zeigte das Treffen mit dem langjährigen Russland-Botschafter der Volksrepublik auch Wirkung in Moskau.

Wenig später ließ Putins Außenminister Sergej Lawrow verlauten, er sei bereit, Zuppi zu empfangen. Noch bei seinem ersten Besuch in Moskau Ende Juni hatte Zuppi auf Regierungsebene lediglich mit der Kinderrechtsbeauftragten des Präsidenten, Marija Lwowa-Belowa, sowie dem außenpolitischen Berater Jurij Uschakow sprechen können. Nun scheint auch in Moskau die Friedensinitiative des Papstes auf stärkeres Interesse zu stoßen.

Von Ludwig Ring-Eifel
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