Kämpfe zwischen Militär und Milizen weiten sich ausSudan vor nächster Hungerkrise

Die Krankenhäuser sind geschlossen; Lebensmittel fehlen. Der Krieg im Sudan treibt immer mehr Menschen in die Flucht. Hinzu kommt eine verheerende Hitzewelle, die Dutzende Tote fordert.

vertrocknete Erde
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Die Zahl der Menschen, die im Sudan auf der Flucht sind, steigt weiter. In dieser Woche hat die Internationale Organisation für Migration (IOM) bekanntgegeben, dass sie mehr als zehn Millionen Binnenvertriebene zählt; 2,8 Millionen mehr als im April 2023. In jenem Monat brachen die Kämpfe zwischen der sudanesischen Armee und den gefürchteten paramilitärischen „Rapid Support Forces" (RSF) aus, was den nordafrikanischen Staat vollends ins Chaos stürzte.

Der Norwegische Flüchtlingsrat schreibt von der „größten Binnenflüchtlingskrise weltweit". Groß ist die internationale Aufmerksamkeit dennoch nicht. Der Sudan hat es wieder in das jüngst veröffentlichte Ranking der weltweit am stärksten vernachlässigten Flüchtlingskrisen geschafft und belegt Platz zehn.

Dutzende Flüchtlinge sterben bei Hitzewelle

Viele Betroffene versuchen, sich in eins der Nachbarländer zu retten, eine riskante Flucht. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) bestätigte am Mittwoch den Tod von mindestens 80 Menschen auf dem Weg nach Ägypten. Eine Hitzewelle ließ in der Region die Temperaturen auf knapp 50 Grad Celsius steigen. Krankenhäuser in Assuan im Süden Ägyptens nahmen in den vergangenen Tagen Dehydrierte und Patienten aus dem Nachbarland auf, die Herzinfarkte erlitten hatten.

Zum neuen Zentrum der Kämpfe wird derweil die Stadt El-Fasher, Regionalhauptstadt von Nord-Darfur. Als einzige Stadt in der Region Darfur wird sie noch nicht von den von Mohammed Hamdan Dagalo angeführten RSF kontrolliert. Doch die Kämpfe um die Vorherrschaft haben seit Mai spürbar zugenommen. Opfer sind vor allem Zivilisten. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) klagte mehrfach über schwere Angriffe auch auf zivile Einrichtungen wie das South Hospital. Mehrere Patienten seien getötet oder verletzt worden. MSF sprach vor einem „Blutbad, das sich vor unseren Augen abspielt". Die Kontrolle über die Stadt gilt als zentral für die weitere Entwicklung des Krieges

Die Konsequenzen für die Bevölkerung sind dramatisch. Mittlerweile ist das Krankenhaus, eines der letzten, das überhaupt noch Patienten aufnahm, geschlossen. Menschen haben kaum noch Zugang zu medizinischer Versorgung. Die „Sudan Tribune" schreibt, dass immer mehr Menschen versuchen, El-Fasher zu verlassen. Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen warnte bereits Anfang Mai vor einer Hungersnot. Die Kämpfe machten Bemühungen, lebenswichtige Nahrungsmittel in die Region zu bringen, zunichte.

Friedensverhandlungen nicht in Sicht

Nord-Darfur ist nicht die einzige Region des Landes mit schweren Kämpfen. Die Aufmerksamkeit richtet sich indes vor allem auf die Anschläge der RSF, die sich oft auch gegen Zivilisten richten. Anfang Juni ermordeten Kämpfer im Dorf Wad al-Nura im Bundesstaat Gezira mindestens 100 Menschen. UN-Generalsekretär Antonio Guterres sagte, er sei tief besorgt angesichts des Leids der Bevölkerung. Es sei höchste Zeit, einen Weg in Richtung Frieden einzuschlagen. Bisherige Gespräche scheiterten jedoch.

Der anhaltende Bürgerkrieg begann vier Jahre nach dem Sturz von Diktator Omar al-Bashir, der selbst seit einem Putsch im Jahr 1993 an der Macht war. Die Hoffnung auf mehr Stabilität und bessere Lebensbedingungen währte nur kurz. Stattdessen machten eine schwache Wirtschaft, zunehmende Proteste und der Konflikt zwischen Armee und RSF den Sudan zu einem Pulverfass.

Die Paramilitärs sollten eigentlich in die reguläre Armee integriert werden. Gegründet hatte Diktator al-Bashir die berüchtigte Einheit vor elf Jahren, um Anti-Regierungs-Aufstände in Darfur zu unterdrücken. Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch werfen den RSF seit Jahren schwere Verbrechen vor.

Laut ACLED, eine US-Organisation, die Daten zu Konflikten weltweit sammelt, starben im ersten Kriegsjahr mehr als 15.500 Menschen. Angeheizt wird der Konflikt überdies durch eine ungebremste Waffenzufuhr aus den Nachbarländern.

Von Katrin Gänsler
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