Katholische KircheLiechtenstein will nicht mehr nur katholisch sein

Liechtenstein will sein Verhältnis zu Religionsgemeinschaften neu regeln. Wie bisher nur die römisch-katholische Kirche sollen alle Glaubensgemeinschaften staatlich anerkannt werden können. Bis August steht ein neues Religionsverfassungsrecht zur Debatte. Dass dann auch der altersbedingte Rücktritt von Erzbischof Haas erwartet wird, ist Zufall.

Regierungsgebäude in Vaduz/Liechtenstein
© Pixabay

Das Fürstentum Liechtenstein will sein geltendes staatskirchenrechtliches System neu ordnen und in ein modernes Religionsverfassungsrecht überführen. Das sieht eine Gesetzesvorlage der Regierung in Vaduz vor. Gemäß geltendem Recht ist in Liechtenstein bisher nur die römisch-katholische Kirche öffentlich-rechtlich anerkannt: als "Landeskirche", wie es die Verfassung festhält.

Diese besondere verfassungsmäßige Stellung soll sie behalten. Das symbolisiere die katholische Tradition und Prägung des Landes weiterhin, heißt es im Bericht zur Vernehmlassung, wie in der Schweiz und in Liechtenstein die aktuelle Phase des Gesetzgebungsverfahren heißt. Den Entwurf hatte Regierungschef Daniel Risch zum Start des dreimonatigen Begutachtungsverfahrens Mitte Mai vorgestellt.

Gleichzeitig ist vorgesehen, dass weitere Religionsgemeinschaften, die sich bislang privatrechtlich organisieren müssen, staatlich anerkannt werden. Zu den Religionsgemeinschaften, die gesetzlich anerkannt werden, ohne noch ein besonderes Verfahren zu durchlaufen, zählen die reformierte Kirche und die evangelisch-lutherische Kirche.

Andere Gemeinschaften sollen dies später beantragen können. Mit der Anerkennung sind besondere Rechte verbunden, etwa das Recht, an staatlichen Schulen Religionsunterricht erteilen zu dürfen oder in öffentlichen Anstalten Seelsorge anbieten zu können. Aber auch finanzielle Förderungen.

Im Fürstentum gibt es seit Jahren erfolglose Bemühungen, Kirche und Staat vollständig zu entflechten. Der aktuelle Entwurf ist der dritte Anlauf, der allerdings von einer vollständigen Entflechtung absieht. Damit ist auch ein Abkommen mit dem Heiligen Stuhl vom Tisch. Eine frühere Reformvorlage hatte ein solches Konkordat noch vorgesehen. Dabei hätten aber alle Kommunen ihre "althergebrachten vermögensrechtlichen Verflechtungen mit der römisch-katholischen Kirche auflösen sollen", heißt es im Vernehmlassungsbericht.

Deswegen habe sich eine vollumfängliche Entflechtung von Staat und Kirche "als nur schwer durchführbar herausgestellt", teilte Roland Moser, persönlicher Mitarbeiter von Regierungschef Risch, damals mit. Deshalb sei mit der Neuordnung der Beziehungen zwischen Land und Religionsgemeinschaften ein anderer Ansatz gewählt worden. Von den knapp 39.860 Bewohnern des Fürstentums, darunter ein Drittel Ausländer, sind drei Viertel katholisch. Reformierte machen gut 6 Prozent der Bevölkerung aus, Lutheraner knapp zwei und Muslime gut fünf Prozent. Etwa gleich viele gelten als konfessionslos.

Laut Moser wird aus verschiedenen Gründen von einem Konkordat mit dem Heiligen Stuhl abgesehen. Einer davon ist die Gleichbehandlung der Religionsgemeinschaften. Das Religionsgemeinschaftengesetz soll dafür einen einheitlichen Rahmen schaffen. "Ein Abkommen mit dem Heiligen Stuhl würde aus Sicht der Regierung diesen vereinheitlichenden Rahmen durchbrechen", so Moser.

Laut einem Bericht der "Neuen Zürcher Zeitung" ist im Reformvorschlag eine früher vorgesehene Mandatssteuer zur Finanzierung der anerkannten Religionsgemeinschaften nicht mehr enthalten. Dafür soll künftig allen Gemeinschaften die gleiche finanzielle Unterstützung zukommen: ein Grundbetrag sowie zusätzlich jährlich 1.000 Franken pro hundert Angehörige.

Außerdem sollen Religionsgemeinschaften keine Steuer auf Vermögen und Einkommen zahlen müssen. Diese gilt auch für alle Einrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit wie Pfarreien, Orden und Kongregationen oder kirchliche Stiftungen. All diese Regelungen betreffen allerdings nur das Verhältnis der Glaubensgemeinschaften zum Land. Vermögensrechtlichen Verhältnisse auf Gemeindeebene werden ausgeklammert.

Liechtensteins Regierung will das neue Religionsgemeinschaftengesetz bis Ende der Legislaturperiode 2025 abschließen. Am 9. August dieses Jahres endet das Vernehmlassungsverfahren. Zwei Tage vorher erreicht der amtierende katholische Erzbischof von Vaduz, Wolfgang Haas, mit 75 Jahren die Altersgrenze für Bischöfe und muss dem Papst seinen Rücktritt anbieten. Beide Termine, so heißt es aus Regierungskreisen in Vaduz, stünden in keinem Zusammenhang.

Als Papst Johannes Paul II. 1997 den damaligen umstrittenen Churer Bischof Haas in das eigens neu geschaffene Erzbistum Vaduz manövrierte, hatte der Vatikan zuvor weder Staatsoberhaupt Fürst Hans-Adam II. noch die Regierung in Liechtenstein informiert. Im traditionell katholischen Fürstentum kam es zum Eklat, weswegen die Regierung der Amtseinführung des neuen Erzbischofs im Dezember 1997 demonstrativ fern blieb.

Weil schon seit längerem über Haas' Nachfolge und den weiteren Bestand der Erzdiözese Vaduz kontrovers spekuliert wird, ist beiden Seiten nun an mehr Dialog gelegen. Im April jedenfalls ließ der vatikanische Außenbeauftragte Erzbischof Paul Richard Gallagher öffentlich bei einer Diskussion in Vaduz durchblicken, das Erzbistum bleibe bestehen. Auch werde ein guter Oberhirte für die knapp 30.000 Liechtensteiner Katholiken gefunden.

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