Kirchenglocken auf Kuba dürfen nicht läutenUnerwünscht

Aus Solidarität mit der Bevölkerung lässt ein katholischer Geistlicher auf der kommunistisch regierten Karibikinsel die Glocken läuten - und wird offenbar zurückgepfiffen.

Kirche auf Kuba
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Der Priester Alberto Reyes ist inzwischen eine kleine virtuelle Berühmtheit. Kaum ein katholischer Geistlicher auf Kuba wagt in den Sozialen Medien derart lautstark offenen Protest gegen das Ein-Parteien-System wie der Pfarrer aus Esmeralda im zentralkubanischen Bistum Camagüey. Ob diese konfrontative Art immer im Sinne der kubanischen Kirche ist, die sich zuletzt als Vermittlerin in der innenpolitischen Krise ins Spiel brachte?

Nun gelang Reyes wieder mal ein medialer Aufschlag. Der Priester ließ nach eigenen Angaben aus Protest gegen die wiederkehrenden Stromausfälle und -Rationierungen die Glocken seiner Kirche sprechen. Von nun an werde er in jeder Nacht, in der es keinen Strom gebe, die Kirchenglocken 30 Mal läuten, ließ Reyes via Facebook wissen. Die Glocken läuteten "langsam wie bei Trauerzügen, mit dem Läuten, das Tod und Trauer ankündigt"; das symbolisiere "den qualvollen Tod unserer Freiheit und unserer Rechte".

Seine Ankündigung verband Reyes mit dem Aufruf an seine Landsleute, ihre Proteste auf eine Art und Weise fortzusetzen, die nicht so risikoreich sei wie offene Demonstrationen auf der Straße. Stattdessen sollten die Menschen nicht mehr an den offiziellen Märschen teilnehmen, sich aus den staatlichen Institutionen zurückziehen oder keine Propagandabotschaften mehr aufstellen. Die Kinder müssten von ihren Eltern zu Mut erzogen werden, sich nicht an politischen oder ideologischen Aktionen oder Aggressionen zu beteiligen. Ziviler Ungehorsam also.

Doch nach zwei Nächten Geläut aus Protest verstummten die Glocken von Esmeralda wieder. Regierungskritische Portale, meist von Exilkubanern aus dem Ausland betrieben, berichteten, der zuständige Erzbischof von Camagüey, Wilfredo Pino Estevez, habe auf Druck des Staatlichen Büros für religiöse Angelegenheiten das Geläut verboten. Unabhängig überprüfen lässt sich diese Darstellung nicht.

Weniger spektakulär, dafür aber in der Sache nicht weniger eindringlich forderte Erzbischof Dionisio Garcia Ibanez aus der Protesthochburg Santiago de Cuba zu mehr Toleranz gegenüber anderen Meinungen auf. Er forderte in seiner jüngsten Predigt laut Portal "Cibercuba" dazu auf, mit unterschiedlichen Denkweisen zu gemeinsamen Lösungen zu kommen. Ein ziemlich klarer Aufruf zu mehr Meinungsfreiheit und Demokratie auf Kuba.

Die Kirche auf Kuba hatte zuletzt angesichts der anhaltenden Versorgungskrise und immer wieder aufflammenden Protesten ohnehin zu einem Dialog zwischen Regierung und Opposition aufgerufen und sich zudem für eine Vermittlerrolle ins Gespräch gebracht. Der Vorsitzende der Kubanischen Bischofskonferenz, Bischof Emilio Aranguren aus Holguin, sagte, es sei wichtig, Bereitschaft und Raum dafür zu haben, um über das Gemeinwohl sprechen zu können. Natürlich sei die katholische Kirche "bereit und willens, sich mit allen gesellschaftlichen Gruppen auszutauschen".

Kuba leidet seit langem unter einer schweren Versorgungskrise und innenpolitischen Protesten. Allein seit Ausbruch der historisch großen Sozialproteste 2021 haben rund 300.000 Menschen Kuba in Richtung USA verlassen; das entspricht etwa drei Prozent der Bevölkerung. Die Justiz hatte daraufhin gegen Demonstranten lange Haftstrafen verhängt, oppositionelle Künstler und Aktivisten zwangsausgebürgert.

Menschenrechtsorganisationen werfen Havanna Repression und Verletzung von Menschen- und Grundrechten vor. Kuba wiederum macht USA für die Krise verantwortlich. Die kommunistische Karibikinsel werde aus Washington gezielt mit dem Handelsembargo und geschürten Protesten destabilisiert.

Von Tobias Käufer
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