Papst Franziskus zu Besuch in einer sinkenden StadtAlbtraum Jakarta

Das indonesische Jakarta ist die erste Station der Asien-Pazifik-Reise des Papstes. Saubere Luft und schöne Strände kann Franziskus dort eher nicht erwarten. Ein Umweltproblem ist besonders gravierend.

Jakarta
© Pixabay

Der Alltag an der Küste im Norden Jakartas ist bescheiden und traditionell. Männer werkeln wortkarg auf ihren Fischerbooten, während Frauen in kleinen Slum-Lädchen plaudernd Lebensmittel und andere Waren feilbieten. Zwischen Fischern und Verkäuferinnen steht eine gut 2,50 Meter hohe Betonmauer, die das vermüllte, stinkende Meer davon abhalten soll, Teile Jakartas zu verschlingen.

Ohne radikale Maßnahmen, so eine Studie der indonesischen Forschungs- und Innovationsbehörde, werden im Jahr 2050 rund 25 Prozent der bisherigen Hauptstadt überschwemmt sein. Jakarta sinke zwischen fünf und zehn Zentimetern pro Jahr – in Nordjakarta gar um 20 Zentimeter.

Einer der Gründe dafür ist der Klimawandel. Schwerer wiegt indes nach Ansicht von Experten die ausufernde Bebauung der Stadt mit Bürotürmen, Apartmentkolossen und gigantischen Shopping Malls: Die Metropole versinke unter ihrem eigenen Gewicht, was durch eine unkontrollierte Nutzung des Grundwassers beschleunigt werde.

Millionen knatternde Mopeds

Ein Alptraum ist auch der Verkehr. Jeden Tag wälzt sich eine endlose Blechlawine durch die Stadt. Zwischen den Autos knattern Millionen Mopeds, mit denen man dank ihrer Wendigkeit schneller ans Ziel kommt. Bewohner verbringen im Schnitt 22 Tage pro Jahr im Stau, heißt es in einer 2017 veröffentlichten Studie von Uber und der Boston Consultant Group.

Fußgänger haben es ebenfalls schwer. Die verdreckte Luft macht das Atmen zur Qual, die Bürgersteige voller loser Platten und Löcher sind Stolperfallen und werden obendrein von Mopedfahrern zur Umgehung von Staus und roten Ampeln genutzt. In Jakartas Verkehr gilt das Recht des Stärkeren. Chaos ist programmiert, wenn am 5. September mehr als 1.000 Busse Katholiken zur Messe mit Papst Franziskus zum Gelora-Bung-Karno-Stadion fahren werden.

Nur einen Kilometer Luftlinie von den Fischerhütten in Nordjakarta entfernt stehen neue, moderne schmucke Einfamilienhäuser, auch durch eine Mauer vor dem steigenden Meeresspiegel geschützt. In der Nähe entsteht in der Bucht eine acht Kilometer lange zusätzliche Mauer, die das Meer bändigen soll. An dem „Giant Garuda" genannten Bollwerk werden künstliche Inseln aufgeschüttet, auf denen schicke Wohnanlagen für Besserverdienende entstehen sollen. Vom „Giant Garuda" hat Bendi, der wie viele Indonesier nur einen Namen hat, schon gehört. Genaues weiß der Fischer aber nicht. „Die Behörden informieren uns kleine Leute nicht", sagt er schulterzuckend, während er sein altes Holzboot für die nächste Fangtour vorbereitet. Leisten könnte er sich eine der neuen Wohnungen ohnehin nicht.

Neue Hauptstadt im Bau

Gigantische Infrastrukturprojekte sind das Markenzeichen des scheidenden Präsidenten Joko Widodo. Zur Entlastung der 32 Millionen Einwohner zählenden Metropolregion Jakarta gab Widodo den Bau der neuen Hauptstadt Nusantara auf der Insel Borneo in Auftrag, die bis 2045 fertig sein soll.

Wer nun glaubt, die vielen von der Politik ungelösten Probleme Jakartas machten die Bürger aggressiv, wird schnell eines Besseren belehrt. Die Menschen sind entspannt und fröhlich, Straßenmusiker unterhalten die Gäste der vielen Garküchen. Gleichwohl nehmen die Bewohner den schlechten Zustand ihrer Stadt nicht einfach so hin. Immer wieder gibt es Proteste und Demonstrationen – nicht zuletzt gegen die amtierende Regierung, die mit einer fragwürdigen Wahlrechtsänderung für noch mehr Unmut sorgt. Auch den Papstbesuch sieht man in Jakarta durchaus kritisch. Die katholische Studentin Catherine Panggabean etwa befürchtet: „Die Regierung wird die Papstvisite propagandistisch ausnutzen, um von den Protesten abzulenken."

Von Michael Lenz
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