Wie schon sein Chef traf Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin bei seinem Besuch auch Staatspräsident Salva Kiir Mayardit sowie dessen ehemaligen Rivalen und aktuellen Vize Riek Machar. Außenminister Deng Dau Deng Malek erklärte anschließend, Parolin habe Kiir "eine Botschaft des guten Willens von Papst Franziskus" überbracht. Laut ihm bezog sie sich zunächst auf die Lage im Nachbarland Sudan, wo Regierungstruppen und Milizen seit Monaten um die Macht kämpfen.
"Seine Heiligkeit schätzt und lobt die Rolle, die Präsident Salva im sudanesischen Konflikt spielt. Als Mann Gottes ermutigt er den Präsidenten, den Friedensprozess im Sudan weiter zu unterstützen, damit das Leiden aufhört", fügte er hinzu. Mehrere Tausend Menschen wurden in dem Konflikt im Sudan bereits getötet. Nach UN-Angaben sind vier Millionen Menschen auf der Flucht, auch in den Südsudan.
Ebenfalls eine Rolle bei den Gesprächen mit Parolin spielten innenpolitische Fragen des Südsudans. Besprochen worden seien Themen im Zusammenhang mit der Umsetzung des Friedens und der Vorbereitung des Landes auf die Wahlen im nächsten Jahr, ließ die Regierung verlauten. Der Vatikan hält sich mit Einzelheiten aus dem Gespräch bedeckt. Unwahrscheinlich ist aber, dass Parolin nur lobende Worte im Gepäck hatte.
Denn ausgesprochen deutlich hatte der Papst bei seinem Besuch im Februar den politisch Verantwortlichen ins Gewissen geredet. "Die künftigen Generationen werden die Erinnerung an eure Namen auf der Grundlage dessen, was ihr jetzt tut, ehren oder auslöschen", so das katholische Kirchenoberhaupt. "Im Namen Gottes" beschwor er sie, "'Es reicht' zu sagen, ohne 'Wenn' und 'Aber': Schluss mit dem Blutvergießen, Schluss mit den Konflikten, Schluss mit der Gewalttätigkeit und den gegenseitigen Anklagen und Schuldzuweisungen." Der Dialog solle "ohne Doppelzüngigkeit und Opportunismus" wieder aufgenommen werden.
Damit sprach das katholische Kirchenoberhaupt die abgebrochenen Versöhnungsgespräche zwischen südsudanesischer Regierung und politisch-militärische Gruppen des Landes an. Die Regierung hatte den Rebellen vorgeworfen, einen weiteren Krieg vorzubereiten und die Verhandlungen daraufhin eingestellt. Nach dem Papstbesuch wurden sie wieder aufgenommen. Im März trafen die Gruppen in Rom erstmalig erneut zusammen; auch eine Audienz mit Franziskus folgte.
Der Fortgang des Versöhnungsprozesses ist aktuell besonders für die demokratische Entwicklung des Südsudans relevant. Nach der Abstimmung über die staatlichen Unabhängigkeit vom Sudan 2011 gab es in der Republik keine Wahlen. 2013 begann ein Bürgerkrieg bei dem knapp 400.000 Menschen starben. Viele leben bis heute in Vertriebenenlagern. Immer wieder brechen bewaffnete Konflikte aus, Wetterextreme zerstören zusätzlich Lebensgrundlagen.
Ein Friedensabkommen gibt es zwar seit 2018, die Umsetzung geht aber nur schleppend voran. Die ersten allgemeinen Wahlen sollten im Februar dieses Jahres stattfinden, wurden aber auf Dezember 2024 verschoben. Das Land hat bis heute keine Verfassung, die letzte Volkszählung stammt noch aus Sudan-Zeiten, eine Wählerregistrierung ist kaum umsetzbar. Infrastruktur ist nur leidlich vorhanden, sichere Abstimmungen im Grunde nicht zu gewährleisten.
Der bislang einzige Staatspräsident des Südsudans Kiir versicherte kürzlich zwar das Zustandekommen der Wahlen und stellte sich selbst als Kandidat auf. Zugleich heizte er das ohnehin schon angespannte politische Klima mit scheinbar willkürlichen Ministerentlassungen und Neubesetzungen weiter auf. Beobachter gehen davon aus, dass sein einstiger Rivale Machar ebenfalls kandidieren wird. Ein friedlicher Wahlkampf wirkt kaum durchführbar.
Vermutlich auch deswegen appellierte Vatikan-Diplomat Parolin bei seinem Besuch vor allem an die Bevölkerung, Unterschiede und Spaltungen gewaltlos zu überwinden. Überwiege die Angst, erliege man der Versuchung, mehr auf eigene Waffen zu vertrauen als auf die Kraft der Vergebung, so Parolin bei einer Messe in der von Konflikten geprägten Stadt Rumbek.
Man werde unfähig, sich für Gerechtigkeit und Frieden einzusetzen und eine geschwisterlichere Gemeinschaft aufzubauen. Zudem würden Ursachen für Unfrieden, wie wirtschaftliche Ungleichheiten, verstärkt. Zudem bestehe die Gefahr, Wut, Misstrauen, Stolz und Egoismus zu erliegen.
Der Kardinal forderte die Menschen auf, "sich den Geist des Friedens und der Versöhnung zu eigen zu machen, um eine harmonische Gesellschaft im Land aufzubauen". Das erinnert an Franziskus' Worte bei der Abschlussmesse seiner Südsudan-Reise in Juba: Man dürfe "nicht die Chance vergeben, Frieden zu schaffen".
Von Severina Bartonitschek
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