ReligionspolitikVorerst keine staatliche Förderung für Humanistische Hochschule

Für Deutschlands Hochschullandschaft ist es ein Novum: In Berlin geht eine Humanistische Hochschule an den Start. Doch die erwarteten Staatszuschüsse für die Fachhochschule auf nichtreligiöser Grundlage bleiben aus.

Das Rote Rathaus in Berlin
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Seit Jahren will der Humanistische Verband in allen gesellschaftlichen Bereichen mit den Kirchen gleichziehen. Mit einigem Erfolg vor allem in Berlin: So hat sich seine "Humanistische Lebenskunde", die sich auf nichtreligiöse Traditionen beruft, an den Schulen der Hauptstadt fest etabliert. Sie konkurriert mit dem evangelischen Religionsunterricht um den Spitzenplatz unter den weltanschaulich geprägten Fächern, unter denen die Schülerinnen und Schüler zusätzlich zum staatlichen Ethikunterricht wählen können. Das jüngste Projekt des Verbandes tut sich indes nicht so leicht.

Es ist die im Aufbau befindliche und bundesweit erste Humanistische Hochschule. Im vergangenen Oktober hatte sie die staatliche Anerkennung des Berliner Senats erhalten und damit eine wichtige Hürde im Gründungsprozess genommen. Nach bisheriger Planung soll der Studienbetrieb im Wintersemester 2023/24 beginnen.

Im ehemaligen Münchner Philosophieprofessor und Bundeskulturbeauftragten Julian Nida-Rümelin, seit 2020 auch stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Ethikrats, hat die Hochschule einen prominenten Gründungsrektor. Auch unter seiner Regie werden bereits Stellen ausgeschrieben. Gesucht sind Lehrkräfte für einen dualen Bachelor-Studiengang Soziale Arbeit, der theoretische und praktische Ausbildung eng verzahnt, sowie für weiterbildende Masterstudiengänge in Humanistischer Lebenskunde und Angewandter Ethik. Zum Start des Lehrbetriebs rechnet die Hochschule mit insgesamt 85 Studierenden.

Mit diesem Fächerprofil entspricht das Projekt einer Vereinbarung im Koalitionsvertrag von Berlins rot-grün-roter Landesregierung, in dem es heißt: "Wir prüfen die Unterstützung der Gründung einer Humanistischen Hochschule, auch um zusätzliche Fachkräfte im Bereich der sozialen Arbeit und Pädagogik auszubilden". Die Formulierung bezieht sich auf den eklatanten Fachkräftemangel im Bereich der Sozialarbeit und auf den anhaltenden Bedarf auch an Lebenskunde-Lehrkräften. Vor allem in SPD und Linkspartei gibt es zudem seit Langem Unterstützerinnen und Unterstützer für die Forderungen der Humanisten, ihren Verband rechtlich mit den großen Kirchen gleichzustellen.

Zur Fundierung seiner Ansprüche auf eine staatliche Förderung der Hochschule hatte der Humanistische Verband 2021 ein verfassungsrechtliches Gutachten des Verwaltungsrechtlers Remo Klinger vorgelegt, der sich auch als Anwalt der Deutschen Umwelthilfe einen Namen gemacht hat. Es dürfte dazu beigetragen haben, dass im Berliner Landeshaushalt 2022/23 rund 1,6 Millionen Euro für den dualen Bachelor-Studiengang eingestellt wurden. Nach einer Finanzplanung des Verbandes für die Hochschule sollte die staatliche Förderung bis 2026 auf knapp 73 Prozent der Gesamtkosten wachsen.

Doch ein weiteres Gutachten des Verfassungsrechtlers Christian Waldhoff - nun im Auftrag der Senatskulturverwaltung, die in der Landesregierung für die Religionsgemeinschaften zuständig ist - kam im vergangenen Mai zu einem anderen Ergebnis. Der Experte für Religionsverfassungsrecht vertritt die Auffassung, dass das Hochschulprojekt der Humanisten nach gegenwärtiger Berliner Rechtslage - im Unterschied zur Katholischen Hochschule für Sozialwesen und zur Evangelischen Hochschule - auch bei einer staatlichen Anerkennung keinen Anspruch auf staatliche Förderung hat.

Zur Begründung führt Waldhoff eine geringe Mitgliederzahl des Humanistischen Verbandes in Berlin und Brandenburg an. Zwar vertritt der Verband nach eigener Einschätzung allein in Berlin rund 300.000 Menschen, die regelmäßig an seinen weltanschaulichen Angeboten teilnehmen, hat nach eigenen Angaben aber zusammen mit Brandenburg nur rund 14.600 Mitglieder.

In dieser argumentativen Patt-Situation will die Senatskulturverwaltung nun mit einem weiteren Gutachten Klärung schaffen. Es soll "den Ermessensspielraum des Gesetzgebers bei der Entscheidung über die Förderung einer weltanschaulich geprägten privaten Hochschule unter besonderer Berücksichtigung des Haushaltsrechts sowie des Hochschulrechts vor dem Hintergrund bisheriger Förderung von Hochschulen klären", wie die Senatsverwaltung für Wissenschaft auf eine Anfrage aus dem Abgeordnetenhaus mitteilte.

Wann dieses Gutachten das Zünglein an der Waage sein und dem Hochschul-Projekt neuen Auftrieb geben könnte, ist indes ungewiss. Zumal es nach Angaben des Senats noch nicht in Auftrag gegeben wurde. Die für 2022 vorgesehenen staatlichen Fördermittel in Höhe von 600.000 Euro stehen für die Humanistische Hochschule jedenfalls nicht mehr zur Verfügung. Eine Übertragung der Mittel sei "haushaltsrechtlich nicht möglich", heißt es aus der Senatsverwaltung für Wissenschaft. Vorerst muss der Humanistische Verband sein Projekt also weiter auf eigenes Risiko voranbringen.

Von Gregor Krupmholz
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