Wahlen in ArgentinienMilei contra Papst

In Argentinien nimmt der Wahlkampf um das Präsidentenamt Fahrt auf. Der marktradikale Ökonom Javier Milei erklärt Papst Franziskus zum Feindbild der Marktwirtschaft. Die Kirche reagiert entsetzt.

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Die Präsidentenwahlen in Argentinien sind zwar erst in sechs Wochen, doch schon jetzt liegen die Nerven blank. Das liegt vor allem am selbsternannten Polit-Outsider Javier Milei, der die Umfragen anführt und sich plötzlich Chancen auf einen Wahlsieg ausrechnen kann. Milei ist Verfechter einer radikal freien Marktwirtschaft ohne Regulierung des Staates, um das südamerikanische Land aus seiner tiefen ökonomischen Krise mit einer jährlichen Inflation von über 100 Prozent und einer Armutsrate von 40 Prozent zu führen. Vor allem von den jungen Argentiniern, die tief enttäuscht sind von den beiden bislang dominierenden politischen Lagern, erhält Milei damit großen Zulauf.

Der 52-Jährige polarisiert im Wahlkampf – und hat Papst Franziskus in seine Kritik mit einbezogen. Der Papst unterstütze den Kommunismus mit all den desaströsen Folgen, die diese Ideologie mit sich bringe. Franziskus sei der Repräsentant des Bösen auf Erden, so Milei. Worte, die ihre mediale Wirkung im Heimatland des Papstes nicht verfehlten und eine heftige Kontroverse auslösten. In einem früheren Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) hatte Milei Franziskus vorgeworfen, im Grunde ein Gegner des Privateigentums zu sein, das aber unerlässlich sei für die Schaffung von Wohlstand. Milei twitterte damals in Richtung des Papstes: Dein Modell ist die Armut.

Das wiederum rief heftige Proteste aus Reihen der Armenpriester hervor, die in dieser Woche zu einem Gottesdienst zur "Verteidigung des Papstes" einluden. Einer der populärsten Armenpriester konterte die Kritik Mileis: Dieser reduziere soziale Gerechtigkeit zu einer Beleidigung, sagte der Priester Jose di Paola, der in Argentinien als Padre Pepe landesweit bekannt ist. "Zu sagen, dass Papst Franziskus ein Kommunist sei, ist völlig verwerflich." Und: "Jene von uns, die Papst Franziskus kennen, sagen Nein zu Milei. Jene von uns, die Franziskus kennen, sagen dem Papst, dass er unsere volle Unterstützung hat und dass wir die falschen Anschuldigungen gegen ihn zurückweisen", so Padre Pepe.

Traditionell stehen die Armenpriester in Argentinien auf der linken Seite des politischen Spektrums. Im Wahlkampf 2019 unterstützten viele von ihnen aktiv die Kandidatur des späteren Wahlsiegers Alberto Fernandez, der das links-peronistische Lager repräsentierte. Doch statt der versprochenen Armutsbekämpfung ging es wegen der Corona-Pandemie und einer erfolglosen Wirtschaftspolitik für Argentinien noch weiter nach unten.

Kardinal Mario Poli, Alt-Erzbischof von Buenos Aires, schaltete sich vor wenigen Tagen in die Debatte ein: "Jene, die den Papst beleidigt haben, machen mich traurig", erklärte Poli, der nach der Wahl von Jorge Mario Bergolio zum Papst dessen Nachfolger in Buenos Aires wurde. Der Papst habe die Aufgabe, Frieden zu finden, so Poli.

Im Streit zwischen Milei und dem linken Kirchenlager Argentiniens geht es in erster Linie um die volkswirtschaftliche Ausrichtung des Landes. Laut Umfragen kann sich Milei gute Chancen ausrechnen, nach der Vorwahl auch bei den Wahlen am 22. Oktober den Sieg davonzutragen und in eine Stichwahl im November einzuziehen.

Der Konflikt hat aber auch noch eine zweite Ebene. Sollte Milei tatsächlich der politische Coup gelingen, könnte er als Staatsoberhaupt 2024 Franziskus bei dessen geplanten, allerdings noch nicht bestätigten Besuch begrüßen. Schon spekulieren die Medien in Argentinien, dass die jüngste Ankündigung des Papstes, aus gesundheitlichen Gründen auf längere Auslandsreisen verzichten zu wollen, ihm eine Hintertür öffnen könnte. Nun bestünden erste Zweifel an einer Reise in die Heimat, kommentiert die Zeitung "La Nacion".

Von Tobias Käufer
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