Erste palästinensische Pfarrerin für Lutheraner im Heiligen LandGleichberechtigung dank Kirchenrecht

Hilde Naurath, Redakteurin der Herder Korrespondenz

Die Nachrichten aus Israel/Palästina sind derzeit meist beunruhigend. Die neue Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zeige teilweise nationalistische Tendenzen, sogar rassistische Anklänge, beklagte beispielsweise letzte Woche der Mainzer Weihbischof Udo Markus Bentz, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Naher und Mittlerer Osten der Kommission Weltkirche, nach dem Abschluss des 23. Internationalen Bischofstreffens im Heiligen Land.

Bereits im Dezember hatte der israelische Historiker Moshe Zimmermann nach den israelischen Wahlen konstatiert, dass rechtsgerichteten Parteien nun die Knesset bestimmen: „Etwa zwei Drittel der Abgeordneten vertreten eine rechte, nationalistische Weltanschauung und eine rechtsnationalistische Wählerschaft.“ Dabei habe Israels politische Klasse im Angriff auf die liberale Demokratie weltweit eine Vorreiterrolle eingenommen (vgl. HK, Dezember 2022, 13–15).

Unbestreitbar steht Israel/Palästina insgesamt vor massiven Herausforderungen, wie ein rasantes Bevölkerungswachstum – alleine aufgrund des Ukraine-Kriegs hat sich die ohnehin hohe Einwanderung verdreifacht – bei knapper werdenden Ressourcen in der ganzen Region, insbesondere Wasser.

Doch es gibt auch die guten Nachrichten. Am vergangenen Wochenende haben mehr als 100.000 Menschen gegen die geplante Justizreform der Regierung Netanjahu protestiert, die die Justiz schwächen und die Demokratie untergraben soll. Der Ministerpräsident musste zudem seinen Innenminister Arye Deri von der ultraorthodoxen Schas-Partei entlassen, der vom Höchsten Gericht unter anderem wegen eines Steuerbetrugsfalls für amtsuntauglich erklärt worden war.

Und auf palästinensischer Seite gab es eine wundervolle „Randnotiz“, die nebenbei einige Stereotype untergräbt. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Jordanien und im Heiligen Land (ELCJHL) hat das erste Mal eine Palästinenserin zur Pfarrerin ordiniert. Die 26-jährige Sally Azar wurde am Sonntag in der Erlöserkirche in Jerusalem in ihr neues Amt eingeführt. Sie ist die Tochter des amtierenden Bischofs Sani Ibrahim Azar und Deutschland eng verbunden. Sie studierte in Beirut, Göttingen und Hermannsburg. Nach dem Abschluss ermöglichte es ihr die evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, ihr zweijähriges Vikariat in Berlin-Frohnau zu absolvieren.

Bereits 2022 schilderte sie ihren Werdegang in der Märzausgabe der Mitgliederzeitschrift des Deutschen Vereins vom Heiligen Lande. Demnach habe sie erst im Libanon gemerkt, „dass es ungewöhnlich ist, wenn eine Frau Pfarrerin werden will. In Ostjerusalem hatten wir in der Familie so viel ausländischen Besuch, darunter auch Pfarrerinnen, dass mir das gar nicht so bewusst war.“ 2010 hatte die ELCJHL grundsätzlich die Ordination von Frauen ermöglicht; die Umsetzung in Palästina dauerte gut zwei Jahrzehnte. Azar dazu: „In Palästina stand das kirchliche Recht lange unter dem palästinensischen Recht, das eher patriarchalisch ist. Jetzt hat sich das Kirchenrecht durchgesetzt, und nun können Frauen auch in Palästina ordiniert werden.“

Gleichberechtigung dank Kirchenrecht – welch ein Zeichen.

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