Interreligiöse KalenderHızır, Durga und Jesus auf einem Blatt

Angesichts all der Negativmeldungen lohnt die Erinnerung an ein friedliches Miteinander von Religionen. Interreligiöse Kalender wecken Neugier.

Hilde Naurath, Redakteurin der Herder Korrespondenz

Wann treffen sich sich Hızır, der Schutzpatron des Landes, und Ilyas, der Schutzpatron der Meere? Wen sollte die zehnarmige Göttin Durga besiegen? Wann findet das Neujahr der Bäume statt? Und wann wird die Geburt Jesu gefeiert?

Auskunft gibt der Interreligiöse Kalender 2024 vom Land Nordrhein-Westfalen. Er ist beileibe nicht der einzige Kalender mit den Festtagen mehrerer Religionsgemeinschaften. Willkürlich ausgewählt geben beispielsweise auch das Sonntagsblatt mit fünf oder Niedersachen und das Haus der Religionen mit neun Religionen kostenlose Wandkalender heraus. Mit mittlerweile sage und schreibe 13 Religionsgemeinschaften ist das DINA1-Blatt aus NRW aber vermutlich eins der buntesten – und mit kleinen Feiertagserläuterungen auch eins der informativsten.

Angesichts all der Negativmeldungen tut es gut, sich an Zeiten zu erinnern, in denen es soziale Stabilität, vielleicht sogar ein Stückchen Harmonie zwischen den Kulturen und Religionen gegeben hat. Das Paradebeispiel schlechthin sind die mittelalterlichen Städte Andalusiens, die als Modell für ein multikulturelles Zusammenleben von Muslimen, Christen und Juden gepriesen werden. Und wie der Philosophiehistoriker Dag Nikolaus Hasse schreibt, waren viele religiöse Feiertage „in Andalusien eine Angelegenheit für die gesamte Gemeinschaft. Juden verteilten zur Feier des Fastenbrechens Brot an ihre muslimischen und christlichen Nachbarn. Muslime nahmen gern an fünf christlichen Feiertagen teil: Weihnachten, Neujahr, Tagundnachtgleiche, Gründonnerstag und Johannistag, der in der Regel mit Pferderennen stattfand. Man tauschte Glückwünsche, Gebäck und kleine Geschenke aus oder man traf sich an Straßenständen. Ganz ähnliche Praktiken, manche religiös, manche rein kulturell, kennen wir aus der langen Geschichte des Nahen Ostens.“ Wie schön wäre es, wenn wir Ähnliches auch heute wieder hinbekommen könnten.

Und genau da knüpfen nun die Kalender mit ihrer Bandbreite an Feiertagen an. Den aus NRW gibt es bereits seit 2008. Bis 2015 umfasste er die Feiertage des Christentums, Judentums, Islams und Alevitentums. Mittlerweile sind die Festtage des Bahaitums, des Buddhismus, des Hinduismus und des Jesidentums hinzugekommen. Bei den christlichen Feiertagen unterscheidet der Kalender zwischen sechs verschiedenen Kirchen: evangelisch, katholisch, orthodox, armenisch-apostolisch, syrisch-orthodox und koptisch-orthodox. Die Vielzahl lässt den Kalender vielleicht nicht unbedingt übersichtlicher werden. Und bei rund hundert Religions- und Glaubensgemeinschaften allein in Köln wird auch irgendwann das Papier nicht mehr ausreichen.

Aber die Ansicht lohnt. Denn es steht ja nicht nur Weihnachten vor der Tür.

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