Der Gebrauch des Wortes „Gott“ ist ihm mittlerweile peinlich – so empfindet es Professor Bur-Malottke in Heinrich Bölls Klassiker „Doktor Murkes Gesammeltes Schweigen“ aus dem Jahr 1958. Darum möchte der Starkommentator das sperrige Wort aus seinem Werk tilgen. Zu seiner „Entschuldigung“ führt der im Rundfunk omnipräsente Kulturphilosoph an, er sei eben nach 1945 konvertiert und habe sich damals in jugendlichem Eifer hinreißen lassen…
Da kommt Dr. Murke ins Spiel. Er erhält vom Intendanten den Auftrag, Vorträge von Bur-Malottke zu korrigieren. Seine Aufgabe: Wo der Sprecher „Gott“ sagt, insgesamt siebenundzwanzig Mal, soll der Redakteur das alte Wort aus den Tonbändern herausschneiden und durch etwas Neues, Unverfänglicheres und Passendes ersetzen: durch „Jenes höhere Wesen, das wir verehren“.
Der Rundfunkmensch Murke, der Schnipsel mit Schweigen paradoxerweise so liebt, dass er sie heimlich zusammenklebt und zu Hause anhört, geht auch mit den bei Bur-Malottke angefallenen „Gott“-Schnipseln sorgsam um – und am Schluss findet das lästig gewordene Wort prompt neue Verwendung: In einem Hörspiel stellt ein Atheist existentielle Fragen: „Wer denkt noch an mich, wenn ich der Würmer Raub geworden bin?“ Dröhnendes Schweigen. „Wer wartet auf mich, wenn ich wieder zu Staub geworden bin?“ Wieder Stille. „Und wer denkt noch an mich, wenn ich wieder zu Laub geworden bin?“ Keine Antwort. „Ein bisschen viel Schweigen“, befinden Regisseur und Tontechniker. Aber der weiß – wie der Schriftsteller am Ende seiner Satire berichtet – Rat. Er bittet Murke, ihnen das herausgeschnittene Wort, „Gott“, zu überlassen; die Fragen des Atheisten bleiben nicht länger ohne Resonanz.
„Selbst die allerschlechteste christliche Welt würde ich der besten heidnischen vorziehen“, hat Böll dem Kirchenkritiker Karlheinz Deschner geantwortet. „Ich glaube, dass eine Welt ohne Christus selbst die Atheisten zu Adventisten machen würde.“