Kirchentag mit weniger DauergästenOpfer des Deutschlandtickets

Die Hallen beim Evangelischen Kirchentag in Nürnberg sind gut gefüllt. Trotzdem gibt es dieses Mal weniger Dauerteilnehmer. Das hat auch mit der Einführung des Deutschlandtickets zu tun. Darauf sollte man bei künftigen Großveranstaltungen reagieren.

Benjamin Lassiwe
Benjamin Lassiwe, ständiger Mitarbeiter der Herder Korrespondenz© Ralf Zöllner

Es ist ein kraftvolles, ein starkes Lebenszeichen aus Nürnberg: 130.000 Menschen bevölkerten beim Abend der Begegnung die Nürnberger Innenstadt, gut 30.000 nahmen zuvor an den Eröffnungsgottesdiensten des Deutschen Evangelischen Kirchentags teil. Bei Bibelarbeiten und Podiumsdiskussionen sind die Hallen gut gefüllt, zuweilen auch überfüllt. Nur die Zahl der Dauerteilnehmer entspricht nicht den Erwartungen: Vielleicht 60.000 werden es am Ende sein, 20 Prozent weniger als in Dortmund.

Woran das liegt: Natürlich, auch die Evangelische Kirche verliert Mitglieder. Die Kirchentagsbewegung wird insgesamt älter, und in mehreren Bundesländern ist während des Nürnberger Kirchentags ein Feiertag. Doch am Ende ist der Deutsche Evangelische Kirchentag auch selber schuld daran, dass sich immer weniger Menschen eine Dauerkarte kaufen: Denn das Fünf-Tages-Ticket kostet für Menschen ohne Ermäßigungsanspruch 119 Euro. Eine Tageskarte liegt dagegen bei 39 Euro. Sie aber wird nur für die drei Programmtage – Donnerstag, Freitag und Samstag – überhaupt gebraucht: Für die Teilnahme am Eröffnungs- und am Schlussgottesdienst ist selbstverständlich keine Eintrittskarte nötig. Und drei Mal 39 Euro ergibt am Ende eben 117 Euro. Wer in der Region des Kirchentags lebt und sich Tageskarten kauft, fährt also günstiger – speziell in Zeiten des Deutschlandtickets. Denn der einzige Vorteil der Dauerkarte ist – neben der Möglichkeit, eine Unterkunft im Gemeinschaftsquartier hinzuzubuchen – der kostenfreie öffentliche Nahverkehr am Eröffnungs- oder Abschlusstag. Hierfür gibt es aber seit diesem Jahr das Deutschlandticket. 

Dumm nur, dass die Zahl der Besucher eines Kirchentags immer an Hand der verkauften Dauerkarten gemessen wird. Wenn 20.000 Dauerkartenbesitzer weniger als in Dortmund den Nürnberger Kirchentag besuchen, gilt das in der öffentlichen Wahrnehmung mit Recht als Rückgang – auch wenn die Zahl der verkauften Tageskarten deutlich steigt, und deren Käufer eigentlich nur clever waren, und das für sich beste Angebot gefunden haben. Künftige Kirchen- und Katholikentage werden das in ihrer Preisgestaltung berücksichtigen müssen – und sollten zum Beispiel statt einer Dauerkarte für fünf Tage ein Drei-Tages-Ticket anbieten. In Zeiten des Deutschlandtickets entspricht das wesentlich mehr der Lebensrealität.

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