Es ist das gute Recht von Stadträten, den alten Straßen neue Namen zu geben, wenn diese nicht mehr in die gute neue Zeit passen. In vielen Städten geschieht das, und meist wird darüber leidenschaftlich diskutiert – auch aus einem Gestus der moralischen Überlegenheit der Nachgeborenen heraus. In Konstanz wird Conrad Gröber aus dem Stadtplan verbannt; die Straße, die bisher nach dem langjährigen Erzbischof von Freiburg (1932–1948) hieß, erhält einen neuen Namen. Denn Gröber hatte sich mehrfach judenfeindlich geäußert und war förderndes Mitglied der SS gewesen. Grund genug also, diesen katholischen Haudegen aus dem öffentlichen Gedächtnis zu tilgen, befand der Gemeinderat.
Gröber war weit über die Grenzen des badischen Bistums bekannt gewesen. Er galt als starke Stimme im Episkopat. Im Vorfeld des Reichskonkordats von 1933 war er unermüdlich aktiv. Seine guten Beziehungen zum Nuntius Eugenio Pacelli halfen beim Einfädeln der Vereinbarung. Fakt ist: Der für die katholische Kirche vorteilhafte Vertrag gilt bis heute.
Warum wird dieser Name im Straßenplan getilgt? Vor seiner Zeit als Kirchenpolitiker und Bischof war Conrad Gröber ein Stadtpfarrer, der das kirchliche Leben vorangebracht hat. Er baute das prächtige Münster um, betrieb Jugendarbeit, komponierte, schrieb Predigten, mit denen er sich von den Nazis distanzierte. Im Verdikt der Stadträte fallen diese Verdienste unter den Tisch. Hier sitzen Nachgeborene mit erhobenem Zeigefinger und urteilen, ohne mit persönlichen Folgen rechnen zu müssen. Die spannende Frage: Wie hätten sie, wie hätte man selbst entschieden, wenn man damals gelebt hätte?
Gröbers Bilanz fällt gemischt aus: Er ist ein Mensch in seinem Widerspruch. Freiburg übrigens hat nach kerniger Debatte so entschieden: Die Gröber-Straße bleibt, ein kleines Schild erklärt das Für und Wider. Die Stadt bleibt ihrer Geschichte treu, auch wenn das nicht immer eine gute Geschichte ist.